Vorschau: Jetzt gegen Frankreich - Deutschland braucht ein Zeichen
Das Tempo von Theo Hernandez und Kylian Mbappe. Die Vielseitigkeit von Adrien Rabiot und Antoine Griezmann. Die Kaltschnäuzigkeit von Olivier Giroud. Es gibt viele Gründe, wieso sich Deutschland vor dem Vize-Weltmeister aus Frankreich fürchten sollte. Der größte Grund aber ist Deutschland selbst. Bei der 1:4-Niederlage im Freundschaftsspiel gegen Japan offenbarte die DFB-Elf einmal mehr unfassbare Schwächen.
Willkommen in der Realität
Ein letztes Mal scheiterten die Experimente von Bundestrainer Hansi Flick. Die grundsätzliche Idee: Aus einer nominellen Viererkette sollte bei eigenem Ballbesitz eine Dreierkette werden. Nico Schlotterbeck - auf dem Papier links hinten positioniert - sollte zusammen mit Niklas Süle und Antonio Rüdiger die Innenverteidigung bilden. Joshua Kimmich - auf dem Papier rechts hinten positioniert - sollte ins defensive Mittelfeld rücken und als zusätzliche Anspielstation im Zentrum agieren.
Eine nette Idee, inspiriert von Pep Guardiolas Manchester City. Aber auch eine Idee, die eine eingeschüchterte Mannschaft zusätzlich verunsichern sollte. Schlotterbeck leistete sich etliche individuelle Fehler, Kimmich fiel es schwer, sich auf dem Platz zu orientieren. Etliche Male musste Torhüter Marc-Andre ter Stegen die Fehler seiner Vordermänner ausbügeln. Vier Gegentreffer - damit war Deutschland gut bedient.
Die sechste Niederlage im 27. Spiel unter Hansi Flick sollte seine letzte sein. Von sechs Testspielen nach dem blamablen Aus in der WM-Gruppenphase konnte Deutschland nur eines gewinnen. Für das in Dortmund stattfindende Länderspiel gegen die Franzosen (Dienstag 21 Uhr, live in der Flashscore Audioreportage) nehmen interimistisch Sportchef Rudi Völler und die beiden Nachwuchs-Trainer Hannes Wolf und Sandro Wagner Platz.
Frankreich nach WM noch ohne Punktverlust
Während der DFB neun Monate vor der Europameisterschaft im eigenen Land in einer Sinn- und Ergebniskrise steckt - produziert Frankreich eine talentierte Generation nach der anderen. Nationaltrainer Didier Deschamps ist es gelungen, sanfte Umbrüche einzuleiten. Aurelien Tchouameni hat N'Golo Kante im defensiven Mittelfeld nahtlos ersetzt, selbiges trifft auf Lloris-Nachfolger Mike Maignan zu.
Bei der Weltmeisterschaft in Katar schafften es "Les Bleus" bis ins Endspiel. Erst bis in die Haarspitzen motivierte Argentinier hinderten die Fußball-Großmacht der Gegenwart an der Titelverteidigung. In der laufenden EM-Qualifikation 2023 kassierte man noch kein einziges Gegentor und gewann alle fünf Länderspiele.
Ende März zerpflückte Frankreich die Niederlande, gewann mit 4:0. Zwei Tage bevor sich Deutschland von Japan vorführen ließ, feierte man einen völlig ungefährdeten 2:0-Erfolg im Heimspiel gegen Irland. Die Rollen sind am Dienstag also klar verteilt.
Zum Match-Center: Deutschland vs. Frankreich
Teamnews UPDATE: Süle wieder dabei
Nach der Trennung von Hansi Flick wird Interimstrainer Rudi Völler die Startelf der deutschen Fußball-Nationalmannschaft beim Kräftemessen mit dem Vize-Weltmeister Frankreich verändern. "Es wird ein, zwei, drei Veränderungen geben", sagte Völler: "Das liegt aber auch daran, dass der ein oder andere Spieler angeschlagen ist." Völler legte sich immerhin darauf fest, dass Ilkay Gündogan Kapitän bleibt.
Niklas Süle steht gegen Frankreich zur Verfügung. Das teilte der DFB auf SID-Anfrage mit. Der Innenverteidiger war vorzeitig aus Wolfsburg abgereist, weil seine Ehefrau Melissa das zweite gemeinsame Kind erwartet. Zudem kann Ein-Spiel-Teamchef Rudi Völler gegen den Vize-Weltmeister auf Joshua Kimmich zählen. Der Münchner hatte am Montagabend beim Abschlusstraining aufgrund muskulärer Probleme nur eine Laufeinheit absolviert.
Nico Schlotterbeck wird nach seiner schwachen Leistung gegen Japan wohl ebenso auf der Ersatzbank Platz nehmen wie Mittelstürmer-Prothese Kai Havertz.
Antoine Griezmann wird in Dortmund zum 80. Mal in Folge das Trikot der französischen Nationalmannschaft tragen. Seine taktische Flexibilität macht ihn für Didier Deschamps unersetzlich. Häufig bewegt sich der 32-Jährige zwischen den beiden Strafräumen. Welche Position er genau bekleidet? Schwer zu sagen. Deschamps beschreibt es so: "Antoine ist ein vielseitiger Mittelfeldspieler. (...) Er kann alles."
Auch gegen Deutschland sammelte Griezmann bereits einige Erfahrungen. Besonders gut kann er sich wohl an das Halbfinale der Europameisterschaft 2016 erinnern, als er einen Doppelpack erzielte und somit die deutschen Titelträume jäh beendete.
So könnten sie spielen:
Deutschland (4-2-3-1): Ter Stegen - Henrichs, Rüdiger, Thiaw, Gosens - Kimmich, Gündogan - Sane, Wirtz, Gnabry - Müller
Frankreich (4-1-4-1): Maignan - Kounde, Upamecano, Saliba, Theo Hernandez - Tchouameni - Coman, Griezmann, Rabiot, Mbappe - Giroud
Flashscore-Prognose:
Eine erkennbare Leistungssteigerung ist gegen Frankreich wichtiger als der Endstand. Deutschland muss beweisen, noch Kontakt zur Weltspitze zu haben. Fügt man Frankreich den ersten Gegentreffer im Jahr 2023 zu oder hält phasenweise gut mit, ist schon viel erreicht. Wir tippen auf einen 3:1-Sieg für die Gäste.