"Unbeschreiblich geil": Bronze für Hegge im Kajak-Spektakel
Noah Hegge kämpfte im Wildwasser verbissen um alles, behielt in packenden Boot-an-Boot-Rennen die Nerven - und paddelte überraschend an der Konkurrenz vorbei zu Bronze: Die wilde Olympia-Premiere im Kajak-Cross endete für die deutschen Slalomkanuten mit einigen Schmerzen, bitteren Tränen, aber auch mit dem erhofften Happy End. Hegge sicherte sich seine erste Einzelmedaille in Paris und drosch im Ziel völlig euphorisiert mit seinem Paddel auf das Wasser ein.
Die Gnadenlosigkeit der neuen Disziplin bekamen dafür Ricarda Funk und Elena Lilik zu spüren. Bei Funk kullerten nach ihrem Aus im Viertelfinale Tränen, Lilik wurde im Finale wegen eines Torfehlers von Platz drei auf vier zurückversetzt. Doch Hegge sprang mit dem größten Erfolg seiner Karriere für die deutlich prominenteren Teamkolleginnen ein und sicherte der Slalom-Mannschaft auf den letzten Drücker eine zweite Medaille.
Ein unerwartetes Ereignis
Und sein Triumphzug kam beinahe aus dem Nichts. Größter Erfolg war zuvor der WM-Titel 2022 im Team in Augsburg gewesen, die beste Platzierung des gelernten Bäckers in einem internationalen Einzel-Wettkampf: Jeweils Rang sechs bei der WM 2021 in Bratislava und beim Weltcupfinale im selben Jahr im französischen Pau. Im umkämpften Olympia-Finale waren nun lediglich der Neuseeländer Finn Butcher und der Brite Joseph Clarke schneller.
Lilik hatte sich fünf Tage nach Silber im Canadier ebenfalls bravourös durch die Runden gekämpft, nahm aber im Endlauf unerlaubterweise an Tor zwei die Hand vom Paddel und schubste ein Tor beiseite. Deshalb ging sie als einzige Teilnehmerin des Finals leer aus. "Die Entscheidung ist voll fair und in Ordnung", sagte Lilik: "Es ist aus Reflex passiert." Dafür sei der Coup von Hegge "unbeschreiblich geil".
Was für die einen wie eine Neuauflage des populären Videospiels Mario Kart auf dem Wasser aussah, wirkte für die anderen wie eine weitere kuriose Etappe der japanischen Spielshow Takeshi's Castle. Kajak-Cross, sagte Funk, sei im Vergleich zum Kanuslalom "eine ganz andere Sportart". Das "Filigrane" sei nicht vorhanden, man müsse "die Ellbogen" auspacken.
Wie schmerzhaft das mitunter werden kann, spürte die Olympiasiegerin von Tokio am eigenen Leib. Im Viertelfinale knallte das Kajak einer Kontrahentin an ihr Kinn, Funk schied aus - und weinte bitterlich. Der Start habe sie "Kraft und Überwindung" gekostet, sagte die 32-Jährige, bereits mit einem Cut auf der Nase aus dem Training gezeichnet. Es sei "ein brutaler Sport". Jeweils vier Starter stürzten sich gleichzeitig in die Fluten. Seit 2015 ist die dem Snowboard-Cross ähnelnde Disziplin ein fester Bestandteil im Weltcup-Zirkus.