Deutschlands beste Spielerin Nina Mittelham: "Größte Chance” im Teamwettbewerb
Frau Mittelham, wie groß ist die Vorfreude auf die Olympischen Spiele?
Ich freue mich schon sehr darauf, dass es endlich losgeht und ich spielen darf. Ich war in Tokio zwar als Ersatzspielerin dabei, damals aber komplett unter Corona-Bedingungen. Es ist jetzt schon etwas anderes und ich glaube, dass es diesmal noch andere Eindrücke für mich werden.
Nun sind Sie die top gesetzte deutsche Spielerin. Übernehmen Sie damit auch die Rolle als Anführerin der Mannschaft?
Ich glaube nicht unbedingt, dass ich in dieser Konstellation eine andere Rolle haben werde, anders als bei der WM oder EM, wo wir nur mit jüngeren Spielern gespielt haben. Ich glaube aber, dass wir eine gute Mannschaft sind, die untereinander miteinander sehr gut auskommt. Das hilft sehr. Mit Nana (Anm. d. Red.: Shan Xiaona) können wir super Doppel spielen. Ich freue mich da einfach darauf und versuche mir keine Gedanken über meine Rolle zu machen.
In welchem Wettbewerb sehen Sie in Paris Ihre größten Chancen?
Ich werde alle drei Konkurrenzen spielen, im Einzel, Team und im Mixed. Wenn wir es schaffen, in der Mannschaft in den ersten Vier gesetzt zu sein, dann denke ich schon, dass wir dort die größten Chancen haben (Anm. d. Red.: die deutschen Frauen wurden an fünf gesetzt). Aber auch in den anderen Konkurrenzen kann so viel passieren. Bei Olympia hat man schon so viele Überraschungen erlebt, weil jeder Druck verspürt und es auch nicht einfach ist, in Bestform anzutreten.
Corona hin oder her, was haben Sie von Ihrer Olympiapremiere in Tokio mitnehmen können?
Es war natürlich ein riesiges Event, super viele Leute waren da. Ich durfte leider nicht zur Eröffnungsfeier, ich konnte mir auch keinen anderen Sport angucken, weil der Verband vermeiden wollte, dass etwas passiert, was in Richtung Corona geht. Deswegen versuche ich jetzt in Paris so viel wie möglich mitzunehmen.
Ich höre heraus, dass Sie sich die Eröffnungsfeier diesmal nicht entgehen lassen wollen.
Wenn es zeitlich mit meinem Spielplan klappt, dann möchte ich da auf jeden Fall hingehen. Die Feier wird am 26. sein und unser Wettbewerb geht am 27. los. Aber es kann sein, dass ich die erste Runde freihabe. Daher muss ich schauen, wie es zeitlich passt.
Auf was freuen Sie sich im Olympischen Dorf am meisten?
Auf das Essen (lacht). Das Essen war schon in Tokio unfassbar gut. Da freue ich mich am meisten darauf, dass man 24 Stunden am Tag essen gehen kann. Man hat immer etwas, das man mag. So viel Auswahl. Das ist schon sehr cool.
Sind Sie im Olympischen Dorf auch mit dem Männerteam im Austausch?
Normalerweise sind wir im gleichen Gebäude, also im Deutschen Haus. Vor Ort hat man meistens nicht so viel miteinander zu tun, weil jeder seinen eigenen Zeitplan hat. Ich denke, dass ich mit Dang Qiu natürlich mehr zu tun haben werde, weil wir im Mixed zusammenspielen. Grundsätzlich ist man aber mehr für sich allein und man merkt bei diesen großen Turnieren auch, dass jeder ein bisschen mehr Ruhe haben möchte. Da muss man einen guten Mix finden, dass man sich wohlfühlt und trotzdem fokussiert beim Spiel ist.
Hatten Sie und Dang Qiu Zeit für das Mixed zu trainieren?
Wir hatten zwei Wochen in Düsseldorf Zeit, wo wir als Mannschaft trainiert haben und auch das eine oder andere Mixed üben konnten.
Kommen wir zur Einzelkonkurrenz. Wer ist für Sie Top-Kandidatin auf Gold?
Ich gehe davon aus, dass Sun Yingsha dieses Mal Olympia gewinnt. Für mich ist sie einfach die beste Spielerin der Welt. Auch wenn sie ab und zu gegen die anderen Chinesinnen verliert, ist sie für mich die, die am attraktivsten spielt und die ich auch am besten finde. Und bei den Herren führt auch kein Weg an China vorbei. Ich würde mich aber auch freuen, wenn es jemand anderes schaffen würde und es eine Überraschung gibt.
Apropos freuen, würden Sie sich irgendwann einmal Olympische Spiele in Deutschland wünschen?
Ich würde es mir als Sportlerin natürlich wünschen. Ich glaube, es gibt nichts Cooleres und Schöneres, als Olympische Spiele im eigenen Land zu haben, wenn man selbst noch spielt. Aber auch, wenn das nach meiner aktiven Karriere sein sollte, fände ich es toll. Ich glaube, das würde für die Region, wo die Olympischen Spiele stattfinden, und die Zuschauer viel bringen. Natürlich kann man sich über die Kosten streiten, aber es ist eine einmalige Sache, die die meisten Leute nur einmal im Leben mitbekommen. Ich finde es auch für die Gesellschaft etwas sehr Schönes, was man auch bei der Fußball-EM gemerkt hat: Sport verbindet.