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Annett Kaufmann: Deutschlands Hoffnung bei der Tischtennis-EM

SID/Flashscore
Kaufmann geht bei der Tischtennis-EM (15. bis 20. Oktober) an den Start.
Kaufmann geht bei der Tischtennis-EM (15. bis 20. Oktober) an den Start.Wang Zhao/AFP
Olympia-Entdeckung Annett Kaufmann kann in der Post-Boll-Ära zum Gesicht des deutschen Tischtennis avancieren. Die EM ab Dienstag in Linz gilt unter neuen Vorzeichen als Standortbestimmung.

Bling-bling statt Boll: Glitzernde Haarspangen, Halskettchen, Perlenohrringe und Swiftie-Armbänder gehören zu Annett Kaufmann wie eine erstaunliche Rückhand und platzierte Schmetterschläge. Viele bescheinigen der 18 Jahre alten Olympia-Entdeckung vor der Einzel-EM ab Dienstag in Linz schon das Zeug für eine Zukunft voller Erfolge - und vor allem für die Nachfolge der abgetretenen Ikone Timo Boll als Gesicht des deutschen Tischtennis.

Seit Paris ist bodenständige Teenagerin auf diesem Weg gut vorangekommen. "Bei Instagram", betont Kaufmann in den Medien des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) stolz, "folgen mir rund 35.000 Leute mehr." Ihre virtuelle Fan-Gemeinde hat sich nach Olympia vervierfacht.

Doch die deutsche Meisterin hat auch andere Erfolge vorzuweisen. In Paris hat sie ihren ersten Sieg über eine Top-10-Spielerin und vier weitere Erfolge gegen Kontrahentinnen aus dem Kreis der besten 30 gefeiert. Das Prestige der Abiturientin hat sich in der Folge deutlich erhöht. "Ich werde eher ernst genommen, und ich werde auf der Straße mehr erkannt", erzählte Kaufmann in einem Sportschau-Interview: "Ich war Annett, aber niemand wusste, wer Annett ist - das ist jetzt anders."

Große Erwartungen

Für den DTTB ist Kaufmann mit ihrem Talent sowie ihren selbstgewissen und eloquenten Auftritten ein Geschenk. Als dringend benötigtes Aushängeschild für die Post-Boll-Ära nämlich taugt aus der mitunter schon ergrauenden "Ü30"-Männerriege um Altstar Dimitrij Ovtcharov - allen noch vorhandenen Medaillenchancen zum Trotz - niemand wirklich.

Umso behutsamer ist der Umgang mit dem "Rohdiamanten". Vor Linz lassen sich die DTTB-Erwartungen an Kaufmann dennoch leicht gerade am Schweigen der Verbandsspitze eben zu dieser Frage erkennen.

Für Bundestrainerin Tamara Boros ist die Linkshänderin - welche schon mit 16 Jahren alle EM-Titel bis zu den U21-Juniorinnen gewonnen hatte - bereits seit 2021 "unsere Zukunft". Immerhin aber scheut sich der DTTB schon nicht mehr, seinen Jungstar ohne jede Übertreibung als "Europameisterin aller Nachwuchsklassen" zu präsentieren.

Der Traum: Titel bei der Tischtennis-EM

Die Tochter eines Sportler-Paares - der Vater war Eishockey-Profi und die Mutter Skifahrerin - registriert die gewachsenen Ansprüche unbefangen und ambitioniert. "Kaufmann wird Europameisterin", würde die gebürtige Wolfsburgerin laut eigener Aussage gerne einmal als Schlagzeile über sich lesen: "Träume sind da, um Träume zu sein. Aber 'Kaufmann holt Medaille' wäre auch total okay."

Wie sehr Kaufmann trotz "meines geerdeten Charakters" aber auch selbst auf mehr hofft, lässt ihre Bereitschaft zu den Vergleichen mit "Jahrhundertspieler" Boll erahnen. "Wenn ich", erklärte die Fernsehserien-Liebhaberin bereits in Paris, "am Ende so gut dastehe wie er, dann kann man meinetwegen sagen, dass ich die neue Timo Boll war."

Womöglich jedoch avanciert Kaufmann rasch zu einer eigenen Marke. Jedenfalls hat der erklärte Familienmensch seine erste Saison als Profi nach Paris statt mit Übermut voller Ehrgeiz begonnen: "Ich weiß, was ich will, und ich weiß, was ich dafür machen muss."