Ter Stegen übernimmt Neuers Thron - Rücktritt zum richtigen Moment
In seinen insgesamt 40 Einsätzen für die Nationalmannschaft durfte der Barca-Schlussmann kein einziges Mal bei einem großen Turnier an den Start gehen. Freundschaftsspiele, WM-Quali, Confed-Cup oder Nations League - so der Arbeitsnachweis im deutschen Trikot. Für einen Mann dieser Klasse ist das eigentlich zu wenig, auch wenn er mit nun 32 Jahren noch mindestens zwei große Turniere spielen könnte.
Doch Marc-Andre ter Stegen trägt daran absolut keine Schuld. Champions League Sieger, Klub-Weltmeister, fünffacher spanischer Meister und Pokalsieger - es ist eine tolle Erfolgshistorie, jedoch ohne Entlohnung der Verantwortlichen des Nationalteams. Spätestens 2018 hätte der Umbruch stattfinden müssen. Die chaotische Weltmeisterschaft in Russland war ein Zeichen in viele Richtungen und hätte perfekt genutzt werden können, um den damals 26 Jahre alten ter Stegen als Nachfolger von Neuer in den deutschen Kasten zu stellen.
Professionell in jeder Lage
Während viele Profis heutzutage Forderungen stellen, ohne jemals Leistung gezeigt zu haben, verhielt sich der Ex-Gladbacher genau umgekehrt. Seit Jahren war er im DFB-Dress immer da, wenn er gebraucht wurde und zeigt auf Klubebene Weltklasse-Leistungen. Trotzdem gab es keine "wenn ihr mir den Platz nicht gebt, gehe ich"-Aktionen, wie es so manch anderer in dieser Situation anzuzetteln versuchen würde.
Alleine das sagt viel über Marc-Andre ter Stegen aus. Trotz unregelmäßiger Einsätze rief der 32-Jährige stets seine Bestform ab und vertrat Manuel Neuer gleichwertig - eine Aufgabe, die kaum Torhüter im Weltfußball abrufen können. Ter Stegen schaffte es immer wieder und das mit Leichtigkeit.
Dabei war Barcas Nummer 1 immer wieder ein fairer Sportsmann, gratulierte selbstverständlich seinem DFB-Kollegen Toni Kroos zu seiner phänomenalen Karriere und gab dabei nichts auf die Rivalität zwischen den beiden größten spanischen Vereinen. Fairness ging immer vor. Selbst bei der Heim-EM gab er sich nicht als Querulant, sondern als Teil des großen Ganzen und führte damit Deutschland durch diese tolle, wochenlange Party mit den eigenen Fans. Einsatzminuten dabei: Null.
Qualitätseinbußen nicht zu erwarten
Noch kann Marc-Andre ter Stegen vier bis sechs Jahre auf Top-Niveau spielen, sowohl bei Barcelona unter Hansi Flick als auch in der Nationalmannschaft. Der Ruhestand von Manuel Neuer spült ter Stegen nach schier endloser Wartezeit also doch noch ins Tor der DFB-Elf. Der Barca-Profi wird Neuer nicht nur gleichwertig ersetzen können, er kann durch den Altersunterschied in der aktuellen Zeit womöglich sogar ein höheres Niveau liefern.
Sicherheit und Zusammenhalt im Team sollten mit Blick auf die WM in Amerika nicht leiden, denn ab jetzt beginnt die Vorbereitung mit dem ehemaligen Gladbacher im Kasten. Gerade die Torhüterposition ist extrem wichtig, da es hier um den defensiven Ankerpunkt geht, der im modernen Spiel auch im Spielaufbau essenziell ist. Selbstverständlich hat Manuel Neuer mit seiner Art, Fußball zu spielen, diese Position revolutioniert. Doch nun ist es an der Zeit: Neuer gibt das Zepter ab und lässt den Jüngeren ran, der seit einem Jahrzehnt geduldig darauf wartet, seine Nation zum großen Triumph zu führen.