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Spielbericht: Saudi Arabien gelingt Sensation, Argentinien unter Schock

Micha Pesseg
Spielbericht: Saudi Arabien gelingt Sensation, Argentinien unter Schock
Spielbericht: Saudi Arabien gelingt Sensation, Argentinien unter SchockStatsPerform/AFP
Die WM in Katar hat ihre erste große Sensation: Dank einer mehr als überzeugenden zweiten Halbzeit konnte Saudi Arabien die favorisierten Argentinier in Bedrängnis bringen. 2:1 hieß der Endstand für den Außenseiter, zur Halbzeit hatte Argentinien noch dank eines verwandelten Messi-Elfmeters geführt.

Messi, Messi, Messi: Vieles drehte sich vor dem Spiel um La Pulga und seine Jagd nach dem Weltmeistertitel. Einen Sieg gegen Saudi Arabien hatten die Südamerikaner fest eingeplant. Doch die Grünen Falken aus dem Orient hatten einiges dagegen. Am Ende blamierte sich Argentinien und kassierte die erste Niederlage in einem Länderspiel seit Juni 2019. Dank einer aufopferungsvollen Leistung und zweier schöner Treffer bewirkte ein früh verwandelter Messi-Elfmeter nichts gegen die ersten große Sensation des Turniers.

Die entscheidende Statistik sprach trotz argentinischer Überlegenheit für den Außenseiter
Die entscheidende Statistik sprach trotz argentinischer Überlegenheit für den AußenseiterStatsPerform

Erste Halbzeit: Abseitsfestspiele und ein Messi-Tor

In Minute zwei wollte Lionel Messi erstmals kurzen Prozess machen. Ein Gestocher im saudischen Strafraum beendete er mit einem Schuss aus dem Rückraum, Torhüter Mohammed Al-Owais hielt stark. Gegen den Ball agierte das Team vom seit 2019 das Nationalteam betreuenden Hervé Renard dicht gestaffelt und in den Zweikämpfen enorm aggressiv. In eigenem Ballbesitz machten sich anfangs technische Mängel bemerkbar, die weiten Bälle nach vorne fanden selten den richtigen Abnehmer.

Vor einer Freistoßflanke von Lionel Messi war Leandro Paredes von seinem Gegenspieler Abdulelah Al Malki niedergerissen worden, der VAR schaltete sich ein. Schiedsrichter Slavko Vinčić sah sich die Situation am Bildschirm selbst an und entschied auf Strafstoß für Argentinien. Mit einem Flachschuss verwertete Superstar Messi souverän, mit seinem siebten WM-Tor überhaupt brachte er den Favoriten 1:0 in Führung (10.). 

In der Folge erhöhte Saudi Arabien das Tempo und setzte sich in der gegnerischen Hälfte fest. Die Argentinier ließen sich nicht stressen, immer wieder fiel Rodrigo De Paul zurück auf Höhe der Abwehrkette, um als Anspielstation für den Spielaufbau zu dienen. In der 22. Minute wurde Messi aus der Tiefe steilgeschickt, im Eins-gegen-Eins mit Torhüter Al-Owais behielt er die Nerven und netzte ein. Das Schiedsrichterteam hatte etwas dagegen: beim schönen Zuspiel durch Papu Gómez stand er knapp im Abseits.

Lautaro Martínez erging es sieben Minuten später exakt wie seinem Kapitän. Martínez hatte den Ball nach gutem Steckpass über den Torhüter gelupft, das Stadion jubelte bereits - nach kurzer Bedenkzeit war der nächste vermeintliche Treffer wegen Abseits zurückgenommen worden. Nur minimal, wie die Bilder bewiesen, Martínez' Schulter befand sich knapp in strafbarer Position.

Martínez Treffer in Minute 29 war ebenso schön wie irregulär
Martínez Treffer in Minute 29 war ebenso schön wie irregulärAFP

Ein Muster zeichnete sich ab. Saudi Arabien positionierte sich hoch und lud Argentinien häufig zu Steilpässen ein. Die mit viel spielerischer Übersicht gesegneten Südamerikaner ließen sich nicht bitten und suchten immer wieder vertikale Zuspiele in die Tiefe. Der nächste Abseitstreffer von Martínez folgte in Minute 35. Diesmal deutlich augenscheinlicher als bei der Entscheidung zuvor.

In Minute 40 wollte der weit aufgerückte Cristian Romero eine Situation im gegnerischen Strafraum etwas zu anspruchsvoll auflösen. Anstatt selbst den Abschluss zu suchen, schraubte er den Ball auf den langen Pfosten, Messi verfehlte knapp. Knapp vor der Pause musste Salman Al- Faraj mit einer lädierten Schulter ausgewechselt werden, der 30-jährige Bahebri ersetzte seinen Kapitän. Selten hatte die Abseitsstatistik so viel Aussagekraft wie nach diesen ersten 45 Minuten, siebenmal hatte Scalonis Mannschaft die erhobene Fahne des Linienrichters zu sehen bekommen.

Zweite Halbzeit: Großartiges Comeback von Saudi Arabien

Die argentinische Abwehrreihe hatte sich in Halbzeit eins nicht immer sattelfest präsentiert, doch sämtliche Stellungsfehler blieben bis dahin unbestraft. Nachdem das Spiel wieder freigegeben worden war, änderte sich das schlagartig. Mit dem ersten aussichtsreichen Angriff erzielte Saleh Al-Shehri im 21. Spiel für das Königreich seinen elften Treffer. Platzierter Abschluss ins lange Eck, der Ausgleich für den krassen Außenseiter. Allerdings hatten die "Grünen Falken" nicht genug, Salem Al-Dawsari schlenzte die Kugel traumhaft ins lange Eck (53.). Das Stadion tobte, die Führung für den Wüstenstaat kam überraschend, war angesichts der immer gemütlich werdenden Spielweise Argentiniens aber durchaus verdient.

Al-Shehri erzielte den ersten Treffer für Saudi Arabien
Al-Shehri erzielte den ersten Treffer für Saudi ArabienAFP

Trainer Scaloni bemühte sich um eine Reaktion, brachte mit Álvarez, Martínez und Fernández drei neue Kräfte. Die erste Großchance für den zweifachen Weltmeister gab es aber erst in der 63. Minute: Joker Lisandro Martínez verlängerte das Spielgerät auf Tagliafico - dessen Kopfball kratzte der saudische Keeper Al-Owais stark von der Linie. Fortan folgte Sturmlauf auf Sturmlauf, immer wieder suchte man Messi und Ángel Di María, selten fand man das richtige Rezept gegen den nun tiefer stehenden Außenseiter.

Erst in Minute 73 fand eines der vielen steilen Zuspiele erneut einen Abnehmer, Di Marías Schuss fiel jedoch zu harmlos aus. Nur fünfzig Sekunden später kam Lautaro Martínez hinter die Abwehrreihe, trotz explosivem Antritt war der zu Höchstform auflaufende Al Hilal-Ersatztormann Al-Owais noch vor dem Weltklasse-Stürmer am Ball. Saudi Arabien kämpfte um jeden Millimeter, die sensationelle Führung gab dem Außenseiter ordentlich Aufwind.

In der 80. Minute durfte Messi aus guter Positon aber großer Entfernung zum Freistoß antreten. Das Stadion erwartete den Versuch mit großer Spannung, das Lusail Iconic Stadium schien für den Ausgleich bereit zu sein. Doch der ruhende Ball ging klar über das saudische Gehäuse. In der Schlussphase machte das Team von Hervé Renard weiterhin alles richtig. Überzahlsituationen durch schnelle Konter vermied der Außenseiter durch enormen läuferischen Aufwand.

Auch ein Kopfball von Messi stellte den Mann des Tages vor keine Probleme, Al-Owais hielt die Pille nach 84 gespielten Minuten. Zu Beginn der achtminütigen Spielzeit patzte er erstmals, eine hohe Hereingabe wehrte er nur unzureichend ab. Sein Defensivkollege Abdulelah Al-Amri rettete anschließend auf der Linie, doch ohnehin war dem argentinischen Ausgleichsversuch die bereits neunte Abseitsposition vorangegangen.

Eine ordentliche Leistung genügt Messi nicht
Eine ordentliche Leistung genügt Messi nichtStatsPerform/AFP

Wenig später hatte Messi einen weiteren Ausflug des sichtlich nervöser werdenden Schlussmanns nicht ausnutzen können, er verdribbelte sich im Strafarum. Kurz darauf fing er eine Flanke ab, woraufhin Mitspieler Yasser Al-Shahrani dessen Knie zu spüren bekam und verletzt auswechselt werden musste. Auch Julián Álvarez scheiterte zuletzt. Der Sieg für den Underdog ging letzten Endes schwer in Ordnung.

Spieler des Spiels: Mohammed Al-Owais

Vor dem Spiel galt Saudi Arabien auch deswegen als krasser Außenseiter, weil keiner der Torhüter im Kader bei seinem Verein Stammspieler ist. Mohammed Al-Owais brachte eine spektakuläre Performance auf den grünen Rasen. Zwar riskierte er mit seinen Ausflügen in der Schlussphase viel - was auch sein Mitspieler Al-Shahrani schmerzhaft erfahren musste - doch mit einigen starken Paraden hatte der 31-Jährige großen Anteil an der Sensation.

Fünf Bälle konnte Al-Owais gegen Argentinien parieren
Fünf Bälle konnte Al-Owais gegen Argentinien parierenStatsPerform/AFP