Skirennläufer Christian Neureuther wird 75: Mehr als nur der "Mann von ..."
Eines wird freilich anders sein als vor fünf Jahren. Neureuthers Frau ist nicht mehr dabei. Rosi Mittermaier, für alle die "Gold-Rosi", für ihren Mann ein Lebensmensch, verstarb am 4. Januar 2023. "Wie weh das tut, brauche ich nicht zu sagen", sagt Neureuther im Gespräch mit dem SID. "So ein Mensch wie die Rosi, werteorientiert, der prägt dich", betont er. "Da habe ich viel gelernt. Ohne sie wäre ich vielleicht häufig mal irgendwo anders hingeflogen."
Christian Neureuther weiß, dass er für die Öffentlichkeit zumeist nur "der Mann von ..." war, vielleicht noch immer ist. Gerecht ist ihm das nie geworden, wird es ihm auch heute nicht. Neureuther, geboren und danach aufgewachsen als Spross einer Familie voller Künstler und Akademiker, war schon immer mehr als nur "der Mann von ...": Die Rosi und der Christian waren eine Einheit - sie hätte nie ohne ihn gekonnt, er nie ohne sie.
Neureuther war zunächst mal selbst ein erfolgreicher Skirennläufer: Im Weltcup gewann er sechs Slaloms, die Klassiker in Wengen und Kitzbühel eingeschlossen, belegte 1973 und 1974 jeweils Rang zwei in der Gesamtwertung, bei Olympia 1976 und 1980 jeweils Rang fünf. Sein größter Sieg, wenn man das so nennen will, aber war, dass er Rosis Herz eroberte. "57 Jahre waren wir zusammen", sagt er, und seine Augen strahlen noch immer vor Glück.
Karriereplanung an Rosi angepasst
Für die Rosi hat Neureuther sogar das Studium der Medizin nach sechs Semestern geschmissen. Wichtige Kurse hätten damals im Winter stattgefunden, "und da musste ich ja nicht nur Skirennen fahren, ich musste aufpassen auf die Rosi", sagt er mit einem Lächeln. Aufpassen? "Ja, wenn ich nicht mehr Ski gefahren wäre, dann wären die Hinterseers dieser Welt, der Collombin, der Klammer, der Russi gekommen." Und wieder ist da dieses Augenzwinkern.
Nach den Olympischen Winterspielen in Innsbruck 1976 wuchs Neureuther so langsam hinein in die Rolle des Managers der "Gold-Rosi", die schließlich am 7. Juni 1980 seine Ehefrau wurde. Das hat ihm oft kritische Blicke eingebracht. Ja, gibt Neureuther zu, "es war schon eine Belastung, wenn die Leute immer sagen: Der ist nur 'der Mann von'. Aber ich weiß schon auch, was ich kann." Und so hat er es auch ohne Berufsausbildung weit gebracht.
Neureuther hat auch die Werte, die ihm nicht zuletzt seine Rosi mitgegeben hat, immer gelebt. Bereits 1992, als er Pressesprecher der deutschen Olympiamannschaft war, übte er Kritik am damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch und dessen "Kampf ums Geld". Er sieht den Sport, vor allem den Skisport, als wichtigen gesellschaftlichen Kitt. Nein, vor dem Klimawandel, vor der "auch berechtigten" Kritik am Skisport, verschließt er dabei die Augen nicht.
Unabhängigkeit als oberstes Gebot
Vor allem aber: Sich von anderen steuern zu lassen, ist nicht Neureuthers Ding. "Ich wollte immer unabhängig sein." Er ist ein wacher und bisweilen unbequemer Geist, er ist stets neugierig und noch immer "getrieben", wie er sagt, denn: "Ich möchte immer etwas bewegen". Er steuert für Sohn Felix die Initiative "Beweg Dich schlau" für Kinder. Nun will er auch Geld sammeln für die Mahlzeit-Patenschaften für bedürftige Menschen des Malteser-Hilfsdienstes.
Wie wichtig ihm dieses neue Projekt ist, hat Neureuther in seinem "Geburtstagsbrief" mitgeteilt: Er wolle, steht dort, sein "Glück und seine Freude mit anderen teilen".