Österreich träumt vom Viertelfinale - Türkei als möglicher Stolperstein
Ausgerechnet in Leipzig, dem Ort seiner größten Schöpfung, trachtet Ralf Rangnick nach der nächsten magischen EM-Nacht. "Emotional", so Österreichs Teamchef, werde das Achtelfinale. Hier baute er einst das Fußball-Imperium von RB Leipzig auf, hier entwickelte er die typische Red-Bull-DNA.
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Am Dienstag (21 Uhr/LIVE in der Flashscore Audioreportage) trifft die ÖFB-Auswahl in der Messestadt auf die Türkei. Rangnick bemüht sich darum, seinen Enthusiasmus zu zügeln - trotz einer starken Gruppenphase, obwohl zahlreiche Experten die Österreicher bereits als Titelkandidaten betrachten.
Höhenflug mit Absturzgefahr
In der Alpenrepublik hat niemand damit gerechnet, dass man die vermeintliche "Todesgruppe" mit Frankreich, den Niederlanden und Polen auf dem ersten Platz beenden könnte. Angst, dass seine Truppe vor lauter Höhenflug den Boden unter den Füßen verliert, hat Rangnick nicht.
"Die Spieler sollen sich da ruhig von dieser Euphorie auch ein bisschen mittragen lassen, aber meine Mannschaft kann das schon recht gut einordnen. Im Prinzip beginnt die Europameisterschaft jetzt erst so richtig", sagte der 66-Jährige im ORF. Mahnungen, die den "Professor" nicht daran hindern, selbst ein bisschen zu träumen.
"Wenn mich jemand fragt, ob ich es für völlig ausgeschlossen halte, dass wir bis ins Finale kommen, dann antworte ich darauf: Nein, ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen", erzählte er im Gespräch mit dem ehemaligen Bundesliga-Profi Sebastian Prödl, welcher Rangnick im Auftrag des Sportportals "Laola1" durch die Gegend kutschierte: "Es ist natürlich nicht besonders wahrscheinlich. Da müssten sich alle wichtigen Parameter in unsere Richtung entwickeln."
Der leichte Tritt auf die Euphoriebremse ist durchaus notwendig. Schon einmal haben die ÖFB-Adler eine große EM-Enttäuschung erlebt. Nach einer starken Qualifikation wurde man im Vorfeld der Europameisterschaft 2016 vielerorts als Geheimfavorit gehandelt.
Doch anstatt von Erfolg zu Erfolg zu eilen, endete das EM-Abenteuer bereits nach der Gruppenphase. Schwache Auftritte gegen Ungarn, Portugal und Island besiegelten das frühe Aus. Im Teamcamp wurden angeblich Teller geworfen, intern befand sich die Stimmung am Boden.
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Grandiose Atmosphäre
2024 ist das vollkommen anders. Am Samstag feierte die Mannschaft gemeinsam Rangnicks 66. Geburtstag. Die Spieler sangen dem Coach ein Ständchen und vom verletzten Kapitän David Alaba gab es eine Torte in Rot-Weiß-Rot. Es flossen sogar ein paar Tränen. In dieser familiären Atmosphäre scheint den Österreichern dieser Tage alles zu gelingen - und sogar der Turnierbaum spielt mit.
Bei einem Sieg gegen die Türkei ginge es am Samstag in Berlin, wo die Österreicher ihr Teamcamp haben, entweder gegen Rumänien oder erneut gegen Niederländer, die sie bereits im dritten Gruppenspiel überzeugend mit 3:2 besiegt hatten.
Ist das Halbfinale also mittlerweile Pflicht? "Wir lassen uns nicht verrückt machen", sagte der Alaba, der als "Non Playing Captain" beim Team weilt. Denn erst einmal warten die Türken.
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Teamnews: Türken ohne Kapitän Calhanoglu
Auf Innenverteidiger Gernot Trauner wird Rangnick am Dienstag auf jeden Fall verzichten müssen. Der 32-Jährige leidet an einer Muskelverletzung, am Montag konnte er immerhin erste Laufübungen und Krafteinheiten absolvieren. Voraussichtlich werden Philipp Lienhart und Maximilian Wöber die Abwehrzentrale besetzen.
Patrick Wimmer fehlt den ÖFB-Adler wegen einer Gelbsperre. Somit kehrt Christoph Baumgartner höchstwahrscheinlich in die Anfangsformation zurück. Er wurde beim 3:2-Sieg gegen die Niederlande geschont, zunächst saß er nur auf der Ersatzbank. Im Sturmzentrum ist wohl Routinier Marko Arnautovic erneut gesetzt. Den linken Verteidiger in der Viererkette macht wohl erneut Alexander Prass.
Die Türkei hat einen extrem schmerzhaften Ausfall zu verzeichnen. Kapitän und Spielmacher Hakan Calhanoglu sah beim wichtigen 2:1-Erfolg gegen die Tschechische Republik seine zweite Gelbe Karte im laufenden Turnier. Somit wäre er erst ab einem möglichen Viertelfinale wieder einsatzfähig. Selbiges gilt für Abwehrspieler Samet Akaydin.
Trainer Vincenzo Montella muss also sein Mittelfeld umbauen. Arda Güler wird wohl am rechten Flügel eingesetzt, Orkun Kökcü auf der Zehnerposition. Ismail Yüksek und Kaan Ayhan sind Optionen für das defensive Mittelfeld. Ob Mert Günok als Torhüter startet, ist noch unklar. Er laboriert an einer leichten Knieverletzung, konnte aber nahezu problemlos am Training teilnehmen.
Voraussichtliche Aufstellungen
Österreich (4-2-3-1): Pentz - Posch, Lienhart, Wöber, Prass - Seiwald, Grillitsch - Laimer, Sabitzer, Baumgartner - Arnautovic
Türkei (4-2-3-1): Günok - Müldür, Demiral, Bardakci, Kadioglu - Yüksek, Ayhan - Güler, Kökcü, Yildiz - Yilmaz