Formel 1 GP Belgien: Der Circuit de Spa-Francorchamps in der Streckenanalyse
Der Formel 1 Grand Prix von Belgien läutet in diesem Jahr die vierwöchige Sommerpause der Formel 1 ein. Am 27. August geht es mit Max Verstappens Heim-Grand-Prix in Zandvoort weiter. Doch bevor sich die Formel 1 in den Sommerurlaub verabschiedet, wartet mit Spa-Francorchamps eine wahre Traditionsstrecke auf die Formel-1-Fahrer und die Motorsport-Fans weltweit.
Spa-Francorchamps ist ein magischer Ort für Motorsport-Enthusiasten. Das ist nicht nur der Name einer Rennstrecke, sondern auch einer Legende im Motorsport. Jedes Jahr zieht die Rennstrecke, die sich in den belgischen Ardennen befindet, tausende Fans in ihren Bann. Mit einer Länge von 7,004 Kilometern zählt Spa-Francorchamps zu den längsten und mit 19 Kurven – unter anderen der legendären Eau Rouge und Raidillon –auch zu den anspruchsvollsten Rennstrecken der Welt und hat für viele Fahrer einen ganz besonderen Stellenwert.
Der Ursprung der Rennstrecke geht bis ins Jahr 1920 zurück, als das Streckennetzwerk von Straßen rund um die Ortschaften Spa, Francorchamps und Malmedy entstand. Bereits in den Anfängen konnte die Strecke mit ihrer anspruchsvollen Topographie und den atemberaubenden Landschaften begeistern. Doch der eigentliche Durchbruch gelang Spa-Francorchamps in den 1950er Jahren, als die Strecke Teil des Formel-1-Kalenders wurde. Seitdem ist der Grand Prix von Belgien auf dieser Rennstrecke ein fester Bestandteil der Königsklasse des Motorsports und begeistert jedes Jahr aufs Neue Fahrer und Zuschauer gleichermaßen.
Michael Schumacher ist Rekordsieger von Belgien
Was Spa-Francorchamps so einzigartig macht, ist vor allem die Kombination aus schnellen Geraden, wie der Kemmel-Geraden, und den mutigen Kurvenpassagen, wie der berühmt-berüchtigten Eau Rouge. Die Eau Rouge, benannt nach einem nahe gelegenen Fluss, ist eine schnelle Bergaufschikane, die den Mut der Fahrer auf die Probe stellt. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen und nur die besten Formel-1-Piloten beherrschen die anspruchsvolle Streckenpassage. Unzählige Legenden des Rennsports haben Spa-Francorchamps geprägt, darunter Juan Manuel Fangio, Ayrton Senna und Rekordsieger Michael Schumacher. Sechs Mal konnte er in Spa-Francorchamps gewinnen und feierte 2004 in Belgien seinen siebten und letzten WM-Titel.
Früheres Streckenlayout von Spa-Francorchamps zu gefährlich
Der Spa-Francorchamps-Rennkurs wurde erstmals Ende der 1920er Jahre als Rennstrecke genutzt. Es war eine unglaublich schnelle Strecke mit hauptsächlich langen, offenen und weiten Kurven. Die Rennveranstalter wollten, dass die Strecke so schnell wie möglich ist und entfernten eine langsame Haarnadelkurve und ersetzten sie durch weite Kurven wie die berühmte "Eau Rouge". Im Laufe der Jahre verbesserte sich die Formel-1-Wagen und die Geschwindigkeiten, die die Fahrer auf der Strecke erreichten, stiegen stetig an. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre erreichten Formel-1-Fahrer im Durchschnitt über eine ganze Runde hinweg eine Geschwindigkeit von über 240 km/h. Da die Strecke nur wenig Sicherheitsschutz bot, kamen viele Fahrer, Zuschauer und sogar Streckenposten bei Unfällen in Spa ums Leben. Die Strecke erlangte den Ruf, unglaublich schnell, unbarmherzig und extrem beängstigend zu sein. Fahrer weigerten sich schließlich aus Sicherheitsgründen, dort zu fahren. Die Formel-1-Fahrer boykottierten den Grand Prix im Jahr 1969 aufgrund von 5 Todesfällen in den 2 Jahren zuvor.
Streckenlayout seit 2022
1979 wurde der Formel-1-Kurs drastisch verändert und die Streckenabschnitte, die sich auf den öffentlichen Straßen befanden, entfernt. Dadurch verkürzte sich die Strecke um etwa die Hälfte der ursprünglichen Länge und entsprach dem heutigen Streckenlayout des Circuit de Spa-Francorchamps. 2021 wurde die Strecke modernisiert und leichte Änderung des Streckenlayouts wurden vorgenommen. Hauptsächlich bestand die Änderung aus der Neuasphaltierung der Strecke, der Vergrößerung der Auslaufzonen und der Verbesserung der Sicherheitsbarrieren. Die deutlichste Veränderung fand an der Speed Corner – auch als No-Name bekannt – statt. Die hohe Böschung an der Außenseite der Kurve machte es unmöglich, die Auslaufzone dort zu erweitern.
Stattdessen wurde die Barriere an der Innenseite der Kurve weit nach hinten versetzt und ein neuer Streckenabschnitt wurde weiter innen in der vorhandenen Kurve angelegt. Dadurch wurde die Auslaufzone vergrößert.
Eine Runde auf dem Circuit de Spa-Francorchamps
Spa ist zweifellos eine der aufregendsten Rennstrecken der Welt, auf der man fahren kann. Wir geben Euch einen detaillierten Blick auf die Besonderheiten der Strecke, die schnellen Passagen, Brems- und Scheitelpunkte, Randsteine und alles, was man braucht, um auf dieser legendären belgischen Formel-1-Rennstrecke schnell zu sein und im Qualifying vorne zu landen. Los gehts!
Von der Start-/Zielgeraden gehts auf die La Source. Eine enge, hart zu bremsende Haarnadelkurve im 2. Gang, mit einer leichten Senke kurz vor dem Scheitelpunkt. Aus der Ausfahrt ordentlich Schwung mitnehmen, denn danach folgt eine Gerade. Der gesamte Randstein am Ausgang kann genutzt werden, da er sehr flach ist. Achtung allerdings bei Nässe, sonst wirds rutschig!
Eau Rouge und Raidillon - die berühmtesten Kurven in Spa
Als Nächstes folgt die unglaubliche Berg- und Talfahrt von Eau Rouge und Raidillon – die berühmtesten Kurven in Spa. Dieser Streckenabschnitt ist nichts für schwache Nerven. Eine sehr schnelle Links-rechts-Kombination, zunächst leicht links einlenken, der Blick ist den Hügel hinauf auf die Spitze von Eau Rouge gerichtet, um den Scheitelpunkt der Rechtskurve zu sehen – der zweite Knick in der weißen Linie. Lässt sich die Rennlinie nicht halten, gibt es auf der linken Seite eine begrenzte Auslaufzone, die genutzt werden sollte, bevor die der F1-Bolide drehen könnte. Anschließend gehts direkt links durch die Raidillon. Dort lassen sich die gesamten flachen Randsteine nutzen, um die Rennlinie zu öffnen und die Ausfahrtgeschwindigkeit zu maximieren. Auf der Außenseite gibt es etwas Kunstrasen und abfallender Asphalt, der Fehler im Trockenen verzeiht – allerdings ist im Nassen bei Kunstrasen äußerste Vorsicht geboten.
Nach Spa's längster Gerade kommt Les Combes, eine mittelschnelle Rechts-Links-Rechts-Kurve. Les Combes ist eine Art Kompromiss beim Durchfahren, aber das Augenmerk sollte auf der letzten Rechtskurve liegen, denn es folgt eine kurze Gerade. Die letzten Curbs sind recht flach, daher am besten vollständig mitnehmen. Sogar ein Stück des grünen Betons daneben kann im Trockenen mit benutzt werden. Das Kiesbett folgt allerdings am Ende der Ausfahrt, daher ist es wichtig den F1-Boliden rechtzeitig wieder auf der Strecke in Position zu bringen. Nach Les Combes gibt es eine kurze Gerade, die leicht bergab zur Kurve Bruxelles führt. Starkes Bremsen ist diesmal erforderlich und ein paar downshifts, bevor eine Menge Geduld in dieser 180 Grad bergab Kurve bewiesen werden muss. Kurz nach Bruxelles kommt Kurve 11, auch bekannt als No-Name-Kurve, eine mittelschnelle Linkskurve mit leichtem Gefälle ist. Dennoch ist sie eine wichtige Kurve in Spa-Francorchamps, da sie eine anständige Gerade nach sich zieht. Der Exit-Curb kann hier wirklich ordentlich genutzt werden. Nur muss der Rennwagen zwischen den weißen Linien vor dem Ende des Randsteins zurück sein, da dort Poller stehen!
Im Anschluss einer bergab führenden Geraden, kommt die sehr schnelle und sehr unterhaltsame Pouhon-Kurve - eine der schönsten Kurven in Spa. Es handelt sich um eine Doppelscheitel-Linkskurve mit einer sehr schwierigen Eingangsphase. Viele F1-Fahrer liften hier – also gehen kurz vom Gas, sie kann aber bei guter Fahrzeugabstimmung auch voll gefahren werden. Beim ersten Scheitelpunkt sollten die Randsteine innen vermieden werden, beim zweiten Scheitelpunkt sollte bereits beschleunigt werden, denn die Randsteine am Ausgang sind flach und können voll mitgenommen werden, um die Ausgangsgeschwindigkeit zu maximieren. Nach einer weiteren mittellangen Geraden haben wir die mittelschnelle Rechts-Links-Kurve von Fagnes. Sowohl der Eintritt als auch der Ausgang sind gleichermaßen wichtig, ebenso wie das Beibehalten einer guten Geschwindigkeit beim Übergang. Beim Kurvenausgang das Fahrzeug früh auf der linken Seite positionieren, da die nächste Kurve (Campus) nah ist. Hier beginnen wir, zurück zur Start-Ziel-Linie zu fahren. Es gibt zwei Teile dieser Kurve, der zweite Teil ist mit einem F1-Boliden eine flache Ausfahrt möglich, daher ist der erste Teil entscheidend, da eine lange Gerade folgt. Es ist eine der wenigen Kurven in Spa, bei der hinter der Strecke noch immer eine Kiesbettfalle wartet. Am besten beim Anbremsen links halten, ohne den innen liegenden Einfahrt-Bordstein mitzunehmen. Jedoch bei der Ausfahrt kann der gesamte Curb mitgenommen werden, sodass Sie so früh wie möglich auf dem Gas sind, da es längste Vollgasanteil der Strecke ist.
Blanchimont schnellste Kurve mit über 310 Km/h
Im Anschluss der relativ langen "Geraden" nähern wir uns dem berüchtigten Blanchimont - einer extrem schnellen Linkskurve – an, die jetzt leicht entschärft wurde, indem Auslaufzonen mit Asphalt an der Außenseite hinzugefügt wurden. Nichtsdestotrotz ist sie die schnellste Kurve auf dem Spa-Francorchamps-Rennkurs. Hier erreichen die Formel-1-Autos eine Geschwindigkeit von 310 km/h. Der Anfahrtsweg zu Blanchimont ist sehr schnell. Die Fahrer öffnen die Kurve so weit wie möglich, die gesamte Streckenbereich auf der rechten Seite sollte genutzt werden. Auch hier kann etwas von dem grünen Beton am Eingang genutzt werden. Die Lenkbewegungen müssen sehr sanft sein und der innere Randstein sollte nicht verwendet werden. Die Curbes am Ausgang bei Blanchimont sind dafür flach - also die gesamte Fläche nutzen und früh aufs Gas.
Max Verstappen nutzte mehr als den gesamten Bereich in Blanchimont bei einem sensationellen Überholmanöver 2015 gegen Nasr.
Nach all der Aufregung bei Blanchimont ist es an der Zeit, die Dinge für die etwas umständliche Rechts-Links-Schikane zu verlangsamen, die die letzten Kurven von Spa-Francorchamps darstellt. Der langsamste Abschnitt von Spa-Francorchamps. Genauer gesagt ist es der zweite Teil der Schikane, die Linkskurve auf die Hauptgerade. Formel-1-Autos fahren hier mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h am Scheitelpunkt. Den ersten Abschnitt der Schikane daher besser opfern, um die Ausgangsgeschwindigkeit auf der Start-Ziel-Geraden zu maximieren. Am besten den rechten Vorderreifen über den Randstein laufen lassen, dadurch öffnet sich die nächste Linkskurve so weit wie möglich, sodass viel Geschwindigkeit auf die folgende Start-/Zielgeraden mitgenommen werden kann. Geschafft! Das war eine Runde auf dem Circuit de Spa-Francorchamps.
44 Runden Formel 1 beim Großen Preis von Belgien
In Spa-Francorchamps werden 44 Runden gefahren. Die Formel-1-Fahrer legen dabei eine Gesamtdistanz von 307 km zurück. Es gibt zwei DRS-Zonen in Spa. Eine auf der Start- / Zielgeraden und eine auf der Kemmel-Geraden. Wenn die Fahrer im Rennen dort das DRS aktivieren, können sie am Ende der Geraden Geschwindigkeiten von über 350 km/h erreichen. Die Formel-1-Boxengasse in Spa-Francorchamps ist 653 Meter lang und verläuft parallel zur Start- / Ziellinie.
Doch Spa-Francorchamps bietet mehr als nur aufregende Rennen und Motorsportgeschichte. Die Rennstrecke ist von einer atemberaubenden Landschaft umgeben, die sich durch dichte Wälder und malerische Täler auszeichnet. Ein großer Teil der Strecke führt durch den Naturpark Hohes Venn, der für seine einzigartige Flora und Fauna bekannt ist. Hier können Besucher die Natur genießen und sich gleichzeitig dem Motorsportfieber hingeben. Die Faszination von Spa-Francorchamps lässt sich kaum in Worte fassen. Die Kombination aus atemberaubendem Landschaftsbild, anspruchsvoller Streckenführung und der einzigartigen Motorsportgeschichte macht diesen Ort zu einem wahren Mekka für Motorsport-Enthusiasten, wir freuen uns auf das Rennwochenende zur Halbzeit der Formel-1-Saison 2023.