Christian Horner vs. Toto Wolff: Mercedes kämpft um seine Form - und um Verstappen
"Seine Zeit wäre vielleicht besser damit verbracht, sich auf sein Team und nicht auf den Fahrermarkt zu konzentrieren", sagte Horner nach dem Großen Preis von China und verwies darauf, dass Wolffs Mercedes-Rennstall derzeit gar hinter seinen Kundenteams liege - was freilich nur teilweise stimmt: Mercedes-Motorkunde Aston Martin hat einen Punkt weniger gesammelt, McLaren allerdings mehr als doppelt so viele.
Worum es eigentlich geht bei der Stichelei, ist das Zerren um die Dienste von Verstappen, der bei Red Bull einen Vertrag bis 2028 besitzt. Wolff hätte ihn vor Jahren schon gerne in seinen Silberpfeil gesetzt, als Mercedes noch Dauersieger war und Red Bull ein gleichermaßen ambitionierter wie chancenloser Jäger. 2021 lieferten sich Lewis Hamilton und Verstappen dann einen denkwürdigen Zweikampf um die WM-Krone, nicht minder hart ging es zwischen den Alphatieren Horner und Wolff zu. Die herzliche Abneigung ist geblieben.
Toto Wolff, der nicht nur Teamchef, sondern auch Anteilseigner beim Mercedes-Rennstall ist, wollte das öffentliche Werben um Verstappen auch in Shanghai nicht einstellen. "So viele Faktoren spielen eine Rolle, wenn es darum geht, ob ein Fahrer kommt", erklärte der Österreicher: "Von einem rationalen Standpunkt kannst du sagen: Schnellstes Auto mit dem schnellsten Fahrer. Aber ich denke nicht, dass das der einzige Grund ist, ob du wo bleibst."
Der dreimalige Weltmeister Verstappen ist nicht nur am Lenkrad eine Klasse für sich, auch bei seinen Aussagen umgeht er jede Falle. "Solange ich mit dem Team happy bin, gibt es keinen Grund zu gehen", betonte der 26-Jährige am Wochenende. Im Moment scheint das (wieder) der Fall zu sein.
Reichen Perspektiven im Werben um Max Verstappen?
Horner weiß aber sehr wohl, dass Wolff ein Meister darin ist, seinen Piloten Vertrauen und Wertschätzung entgegenzubringen. Und: Mercedes ist für Horners Star-Piloten die einzige realistische Alternativadresse. Ferrari hat schließlich Charles Leclerc langfristig an sich gebunden und für 2025 Hamilton unter Vertrag genommen, weswegen Wolff überhaupt erst wieder verstärkt um Verstappen wirbt.
Der 52-jährige Wolff allerdings kann derzeit nur Perspektiven verkaufen. Für 2026, wenn die Formel 1 den nächsten Regel-Umbruch vollzieht mit grundlegend veränderten Motoren, sei Mercedes "in einer guten Position", behauptet er. Wolff kann sich auf die goldene Vergangenheit berufen, bei der Motor-Revolution 2014 war sein Rennstall der ganz große Gewinner, dominierte dank einer Power Unit vom anderen Stern die Königsklasse jahrelang.
Die Gegenwart ist dagegen so trist wie seit 13 Jahren nicht: Nach fünf Grand Prix war Mercedes zuletzt 2011 ohne Podestplatz. Doch Hamilton ist siebenmaliger Weltmeister, Teamkollege George Russell seit Anbeginn seiner Formel-1-Karriere mit dem Siegel "future world champion" versehen - an den Piloten liegt die Misere nicht. Das machte auch Wolff deutlich. "Das Auto ist derzeit nicht schnell genug. Es ist nicht gut genug", sagte der Teamchef unverblümt. Auch das wird Verstappen registrieren.