"Überglücklich": Leo Neugebauer trauert Gold nicht hinterher
Leo Neugebauer strahlte über das ganze Gesicht, mit der Deutschland-Fahne um den Schultern hüpfte er immer wieder auf und ab, lange umarmte er Mama Diana und Papa Terrence, Oma und Opa, die Schwester, all die Freunde, die seinen großen Moment in Paris miterlebt hatten. Deutschlands neuer Zehnkampf-Held knipste jede Menge Selfies und schrieb Autogramme.
"Ich bin überglücklich", sagte Neugebauer, der bei seinem Olympia-Debüt in einem echten Thriller Silber gewann. Der verpassten Goldmedaille, von der er lange träumen konnte, trauerte der Stuttgarter gar nicht erst hinterher: "Eine Silbermedaille mitnehmen zu dürfen, ist mir eine Ehre. Ich bin so happy und sehr stolz."
Und die Party danach? Die fiel erst mal aus. Der Modell-Athlet, knapp zwei Meter groß, rund 110 Kilo schwer, war von all den Strapazen noch viel zu erschöpft, aber, sagte er am Sonntagvormittag, "heute Abend wird hoffentlich noch gefeiert".
Klar, denn einen größeren Anlass kann es eigentlich nicht geben. Neugebauer ist erst der elfte Zehnkämpfer aus Deutschland, der eine Olympia-Medaille gewinnen konnte. 28 Jahre seit dem Silber-Coup von Frank Busemann in Atlanta mussten die Fans auf einen wie "Leo the German", wie er sich in den Sozialen Medien nennt, warten.
Keine Frage, Neugebauer ist der neue Strahlemann der deutschen Leichtathletik, das Gesicht der Zukunft. Nur der Norweger Markus Rooth (8796 Punkte) war im Stade de France etwas besser als der 24-Jährige, am Ende fehlten ihm 48 Zähler auf den zwei Jahre jüngeren neuen König der Athleten.
Busemann überzeugt: Fans werden "noch Spaß mit ihm haben"
"Ich habe mein Bestes gegeben. Das ist alles, was zählt", sagte Neugebauer, der nach seinem neuen deutschen Rekord von 8961 Punkten aus dem Juni als Nummer eins der Welt und Gold-Favorit an die Seine gereist war. Am ersten Tag lief dann auch alles nach Plan, als Führender ging er in die Entscheidung in den letzten fünf Disziplinen - wo der 24-Jährige dann etwas schwächelte.
War der Druck zu groß? Die Saison am College in den USA zu lang? Spielten die Nerven nicht mehr mit? Zu einem Zehnkampf gehören eben "immer Höhen und Tiefen", sagte Neugebauer: "Ich gehe jetzt heim mit einem Lächeln." Rooth habe einfach einen "krassen Wettkampf" hingelegt.
Doch auch mit Olympia-Silber steht Neugebauer jetzt in einer Reihe mit Jürgen Hingsen, Hans-Joachim Walde oder Busemann, nur Willi Holdorf (1964) und Christian Schenk für die DDR 1988 holten Olympia-Gold. Nun sei auch er "dabei" in der Liste der Legenden, sagte Neugebauer: "Ich bin froh, dass ich mit all diesen Größen mithalten kann."
Sein Studium in den USA hat Neugebauer mittlerweile beendet, er wird als Profi aber weiter in Austin leben und trainieren. Und bei der WM nächstes Jahr in Tokio neu angreifen. "Wenn man sieht, was der noch draufhat", schrieb Busemann in seiner Sportschau-Kolumne, werden die deutschen Fans noch viel "Spaß mit ihm haben".