Kapitänin in Wembley: Tritt Giulia Gwinn dauerhaft das Popp-Erbe an?
2000 Zuschauer bei einem öffentlichen Training seien Beleg für die "tolle Entwicklung" des Frauenfußballs in Deutschland. Und die soll auch beim anstehenden Umbruch mit dem neuem Bundestrainer Christian Wück keinesfalls ins Stocken geraten. Nach den Abschieden von Popp, Marina Hegering und Merle Frohms braucht es neue Führungsspielerinnen, auch das Kapitänsamt ist vakant. Gwinn befindet sich als bekanntestes Gesicht des neuen Kaders in der Pole Position.
Zum Match-Center: England vs. Deutschland
Zumindest wird die Außenverteidigerin des FC Bayern schonmal am Freitag (20.30 Uhr/ARD) beim Klassiker gegen England in Wembley die Kapitänsbinde tragen. Doch die bisherige Stellvertreterin von Popp tritt auf die Bremse. "Es ist ein Amt, was zu groß ist zum Spekulieren und zu viel Wert hat", sagte Gwinn. Es sei "eine Trainerentscheidung. Man muss sich erstmal kennenlernen, er muss in die Mannschaft reinhören und ein Gefühl entwickeln."
Erfahrung? Extrovertiertheit?
Wück will sich in der Tat nicht hetzen lassen. "Wir wollen uns in den Testspielen in diesem Jahr noch nicht festlegen. Das heißt, wir werden zur Nations League mit der Mannschaft zusammen die Kapitäninnen auswählen", erklärte der 51-Jährige. Er wolle sich erst "einen Überblick über das Mannschaftsgefüge" verschaffen, welches sich seit dem Bronze-Coup bei Olympia enorm verändert hat.
Erfahrenste Spielerin ist Sara Däbritz mit 104 Länderspielen, sie kehrt allerdings nach langer Abstinenz wegen Verletzungen gerade erst zurück. Torhüterin Ann-Katrin Berger ist mit 34 Jahren die Älteste im Team, aber noch nicht allzu lange Nummer eins. Extrovertiertere Spielerinnen wie Sara Doorsoun oder Laura Freigang waren zuletzt keine Stammkräfte. Mittelfeldchefin Lena Oberdorf wird mit ihrem Kreuzbandriss noch lange fehlen.
Deshalb stehen alle Zeichen auf Gwinn. Und die hat längst bewiesen, dass sie Vorbild sein kann. Nach ihren zwei Kreuzbandrissen kämpfte sie sich willensstark zurück, ließ ihre 626.000 Follower bei Instagram an ihrem Weg teilhaben. Auf dem Platz übernimmt sie längst Verantwortung, versenkte bislang traumwandlerisch sicher jeden Elfmeter im Nationaltrikot. Auch im Bronzespiel bei Olympia traf sie zum 1:0 gegen Spanien vom Punkt.
Auf der Außenbahn ist die gebürtige Tettnangerin defensiver Stabilisator und offensive Antreiberin zugleich. Und Gwinn vertraut dem eingeschlagenen Weg für den Umbruch. "Wir haben genug Zeit bis zur EM, um was Gutes zu entwickeln", betonte sie: "Ich glaube, dass da etwas ganz Großes entstehen kann." Womöglich mit ihr als dauerhafter Kapitänin.