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Handball-Kapitänin Bölk: "Ich bin mit Olympia aufgewachsen"

Conrad Ziesch
Emily Bölk gehört zu den Anführerinnen im DHB-Team.
Emily Bölk gehört zu den Anführerinnen im DHB-Team.Profimedia
Erstmals seit 2008 haben sich die deutschen Handballerinnen für die Olympischen Spiele qualifiziert. Emily Bölk führt das Team als Co-Kapitänin nach Paris. Im exklusiven Flashscore-Interview spricht die 26-Jährige über ihre Olympia-Premiere, Tipps von Mama Andrea und die Ziele des deutschen Teams.

Die erste Olympia-Teilnahme seit 2008. Steigt bei Ihnen die Vorfreude? 

Absolut. Für uns alle ist es das erste Mal. Unser Physio war schon mal dabei. Aber sonst ist es für jede einzelne von uns Neuland. Ein Traum, der in Erfüllung geht, weil es für jeden Sportler das Allergrößte ist, bei Olympia dabei zu sein. Dass wir das gepackt haben und diesen Bann gebrochen haben, das macht uns doppelt stolz. Aber es ist auch ganz klar, dass wir da nicht nur hinfahren wollen, um mal wieder dabei zu sein, sondern natürlich eine gute Leistung abrufen möchten. 

Ihre Mutter Andrea (Anm. d. Red.: 201-fache deutsche Nationalspielerin) war ebenfalls Olympiateilnehmerin. Ist das ein Thema am Esstisch zu Hause? 

Auf jeden Fall. Ich bin mit den Stories, mit den Mitbringseln und mit den Anekdoten groß geworden. Wir haben beide immer begeistert Olympia vorm Fernseher geschaut. Das läuft eigentlich im Hause Bölk von früh bis spät, wenn Olympia ansteht. Meine Mum und auch meine Familie sind eh sehr sportbegeistert. Aus aktuellem Anlass ist das Thema Olympische Spiele nochmal mehr aufgetaucht. Sie hat mir ein paar Tipps und Tricks mitgegeben zum Thema Fokus: Dass ich versuche bei meinem Wettkampf zu bleiben. Ich bin gespannt, ob sich das mit meinen eigenen Erfahrungen deckt oder was sich in den Jahren verändert hat. 

Sehen Sie sich als Kapitänin in der Rolle, die Mannschaft zu führen, um den Fokus in dem ganzen Trubel nicht zu verlieren? 

Ich gehe stark davon aus, dass alle das für sich selbst einschätzen können, was geht und was nicht. So erlebe ich das hier täglich im Training. Es ist immer dieser Fokus da, der noch eine extra Motivation gibt, der wirklich alle an ihr Limit gehen lässt. Ich mache mir also keine Sorgen, dass wir nach Frankreich fahren und einige völlig ausreißen. Aber falls es doch so sein sollte, dann sehe ich mich auf jeden Fall in der Rolle, zusammen mit den anderen Führungsspielerinnen das Team in die richtige Richtung zu lenken.  

Wie schätzen Sie die deutsche Vorrundengruppe mit Schweden, Norwegen, Slowenien, Dänemark und Südkorea ein? 

Bombenstark. Es gibt sehr wenige Mannschaften, die sich überhaupt für die Olympischen Spiele qualifizieren können. Das ist die Creme de la Creme. In unserer Gruppe haben wir auf jeden Fall drei der Top vier. Die drei skandinavischen Mannschaften Norwegen, Dänemark und Schweden bildeten in den letzten Jahren zusammen mit Frankreich die Weltspitze. Südkorea als Asienmeister ist auch immer ein sehr unangenehmer Spielstil für Mannschaften, die europäischen Handball gewohnt sind. Sehr schnell, da muss man hellwach sein in jedem Moment. Und sie sind meistens am Anfang des Turniers richtig spritzig unterwegs. Da müssen wir athletisch topfit sein. Gegen Slowenien haben wir in der Olympia-Quali ein sehr gutes Spiel abgeliefert und konnten einen 6-Tore-Sieg einfahren. Dementsprechend haben wir noch frische Bilder. Ich hoffe aber, dass wir noch stärker auflaufen können. Wir wissen, dass wir mindestens zwei Mannschaften hinter uns lassen müssen, wenn wir ins Viertelfinale wollen, was auf jeden Fall das angestrebte Ziel ist. Ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen können. Und natürlich wollen wir mit jedem Turnier den Unterschied zur Weltspitze verkleinern und hoffen, die Skandinavier ein bisschen zu ärgern.  

Sie haben in der Vorbereitung den Skispringer Karl Geiger getroffen. Was kann man als Mannschaftssportler von so einer Begegnung mitnehmen? 

Das war super interessant. Es war ein kurzweiliger Tag. Für alle sehr willkommen, weil wir zuvor echt geackert haben. Deswegen taten die Ablenkung, dieser Input und der freie Tag gut. Es war sehr spannend, was er so erzählt hat. Obwohl der Sport völlig anders funktioniert, konnten wir für uns als Teamsportler einiges mitnehmen. In Sachen Fokussierungen meinte er zum Beispiel: Je näher der Wettkampf rückt oder der Sprung, desto mehr kapselt er sich ab und bleibt bei sich und geht noch mal seine Sprünge durch. Mentale Vorbereitung ist etwas, was wir zu Olympia mitnehmen können. Je näher das Spiel rückt, desto mehr versucht man bei sich, den Aufgaben und der Taktik zu bleiben. 

Gab es noch mehr Gesprächsstoff an der Schanze? 

Spannend fand ich die Anekdote seiner ersten Olympischen Spiele. Geiger hat damals kurz vorher einen Mannschaftsplatz ergattert und einen anderen auf die Ersatzbank verdrängt. Er war beeindruckt vom Ersatzmann, was für eine Energie und was für ein wichtiger Motivationsfaktor für das Team er dennoch war. Für unsere drei Ersatzspielerinnen, die die Joker-Rolle innehaben, ist es eine ähnlich schwierigere Rolle, die auch Charakter und Persönlichkeit erfordert. Es ist natürlich was anderes, wenn man nicht mit auf dem Spielfeld steht. Und trotzdem muss man 100 Prozent da sein, sobald irgendwie ein Wechsel stattfindet. Man kann die Stimmung nicht runterziehen, weil man vielleicht unzufrieden ist mit der Entscheidung. Es war cool zu sehen, dass es auch bei anderen Sportarten so ist. Dass das Team wirklich aus allen besteht und nicht nur aus den sieben, die auf dem Feld stehen oder jetzt bei Olympia 14 auf dem Spielbericht.  

Was würden Sie von Olympischen Spielen in Deutschland halten? 

Tatsächlich habe ich sogar schon Werbung gemacht für den Austragungsort Hamburg. Das ist aber jetzt schon ein paar Jahre her. Ich fand das Konzept und die Idee von Hamburg richtig cool: In der Hafencity das Olympische Dorf, in einer der schönsten Städte der Welt. Hamburg und Deutschland sind so sportbegeistert. Ich glaube, dass der „Verkauf“ der Idee bisher nicht so richtig geglückt ist. Olympische Spiele bieten auch ganz viel Positives neben dem Sport. Sie verbinden Menschen. Deshalb finde ich es schade, dass es bisher nicht geklappt hat. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja irgendwann noch mal die Möglichkeit. Ich weiß nicht, ob ich dann noch aktiv mit dabei sein kann. Aber vielleicht dann in einer anderen Funktion.