Golf: Drucktest bestanden - Scheffler holt den zweiten Masters-Sieg
Mit 304 Schlägen war Woods letztlich der Schwächste der 60 Spieler, die sich für das Wochenende qualifiziert hatten. Stephan Jäger war als einziger Deutscher im Feld bereits am Cut gescheitert.
"Heute hatte ich zumindest auf dem Platz endlich wieder meine Emotionen im Griff, so wie es eigentlich normal bei mir ist. Es hat sich wieder wie Golf angefühlt", sagte Scheffler, der beim berühmtesten Turnier der Welt in den Tagen zuvor teilweise reichlich durch mit den Nerven gewesen war - und Rat bei seiner hochschwangeren Frau suchte. Und bei ihr waren auch im Grünen Jacket des Masters-Champions Schefflers Gedanken: "Ich liebe dich und ich komme jetzt nach Hause."
An drei der letzten sechs Löcher gelangen Scheffler Birdies, die 68 war seine beste Runde seit dem 66er-Auftakt am Donnerstag - keiner der direkten Konkurrenten konnte da mithalten. Morikawa und Homa, die als enge Verfolger in den Sonntag gegangen waren, erlaubten sich Aussetzer auf der Back Nine: Beiden unterlief noch je ein Doppel-Bogey und ein Bogey, so zog auch Aberg vorbei.
"Ludvig hat großartig gespielt und mich am Ende noch einmal unter Druck gesetzt", sagte Scheffler: "Ich hatte das Glück, ihn auf Distanz halten zu können."
Meilenstein erreicht - Woods erlebt Enttäuschung
Scheffler selbst hat nun bei gerade erst fünf Masters-Starts zwei Siege gefeiert, schneller war da nur Horton Smith: Der Amerikaner gewann in den 1930er-Jahren zwei seiner ersten drei Versuche. Scheffler ist zudem der viertjüngste Mehrfach-Gewinner beim Masters hinter Tiger Woods, Jack Nicklaus und Seve Ballesteros. Im März hatte Scheffler bereits die Players Championship gewonnen, gemeinsam mit Woods ist er nun der einzige Golfer, der The Players und das Masters im selben Jahr gewann.
Für Woods indes war in Augusta dieses Mal auch der Abschluss eine Enttäuschung. Schon am Samstag war er mit einer 82 - seiner schlechtesten Masters-Runde jemals - weit zurückgefallen. Beim Jubiläum wurde es nur ein wenig besser: Der Sonntag war Woods 100. Durchgang beim Masters, mit 77 Schlägen lag er fünf über Par.
"Absolut nicht bereits für das hier"
Vor der finalen Runde schien es noch, als könnte der mit einem Schlag führende US-Amerikaner der Last nicht Stand halten: "Heute Morgen habe ich geweint wie ein Baby, ich war völlig gestresst", sagte er: "Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich absolut nicht bereit bin für das hier."
Seine Frau Meredith ist eine große Stütze für Scheffler. Bei seinem ersten Masters-Titel vor zwei Jahren war sie dabei, konnte ihrem Mann Mut zusprechen. Dieses Mal war das nicht möglich. Ende April erwartet das Paar das erste Kind, dementsprechend ruhte sich die werdende Mutter zu Hause in Dallas aus. Scheffler sagte vor der Finalrunde, dass er sofort aussteigen würde, sollten bei seiner Frau vorzeitig die Wehen einsetzen.
Das war nicht der Fall. Aber Scheffler wurde nach seinem Sieg deutlich, was die Planung für die nächste Zeit angeht: "Meine Prioritäten werden sich hier sehr bald ändern. Mein Sohn oder meine Tochter werden jetzt die Hauptpriorität sein, zusammen mit meiner Frau, so dass Golf jetzt wahrscheinlich an vierter Stelle stehen wird."
Nicht den "Ball aus den Augen verlieren"
Derweil malt sich unter anderem der amerikanische TV-Sender CBS schon aus, ob die Form des Texaners ausreicht, den "Tiger-Slam", also vier Majors innerhalb eines Jahres zu gewinnen - das hat seit 1930 nur Tiger Woods geschafft. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber Schefflers Zahlen sind vielversprechend: Seit Februar 2022 hat er neun Trophäen geholt, drei davon bei seinen jüngsten vier Starts.
Zudem hat er es geschafft als erster Golfer den Titel beim Players Championship erfolgreich zu verteidigen. Wenn Scheffler trophäenlos geblieben ist, landete er trotzdem unter den besten fünf. Beständig kann Scheffler also.
Im Mai geht es in Kentucky mit der PGA Championship weiter. Im Juni und Juli folgen die verbleibenden Majors. Auch wenn Scheffler nach der Gewinner-Pressekonferenz nur nach Hause wollte, wird sein Ehrgeiz ihn nicht lange vom Grün fernhalten: "Ich liebe es immer noch, an Wettkämpfen teilzunehmen, ich habe nicht vor, in nächster Zeit den Ball aus den Augen zu verlieren."
Der Konkurrenz wird das eine Warnung sein, zumal Scheffler sich fühle, als würde er auf dem Golfkurs wachsen und seine Emotionen besser im Griff haben. Außer er gewinnt, dann lässt er seinen Gefühlen gerne freien Lauf.