FlashFocus: Schweizer Serienmeister plötzlich im Abstiegskampf
In den europäischen Fußball-Ligen gibt es eine Reihe von Mannschaften, die es gewohnt sind, Jahr für Jahr die nationale Meisterschaft zu gewinnen - oder zumindest bis zum letzten Spieltag darum kämpfen. PSG und Manchester City sind nur zwei prominente Beispiele.
Die Schweizer Super League wurde in den vergangenen Jahren fast durchgehend von den Young Boys dominiert. Sechs Meisterschaften in den letzten sieben Jahren, regelmäßige Teilnahmen an der UEFA Champions League - längst hat sich der 1898 gegründete Klub auf nationaler Ebene als feste Größe etabliert.
Umso erstaunlicher, dass die Young Boys in dieser Saison bereits 12 Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter haben - nach nur zehn Spieltagen. Vorläufig ziert man sogar das Tabellenende der Schweizer Liga.
Obwohl die Saison noch lange dauert, sorgt dieser Horrorstart bei den Eidgenossen natürlich für viele Fragezeichen. Zahlreiche Medien haben versucht, den Untergang von YB zu analysieren - doch eine klare Antwort lässt sich nicht finden.
Weihnachtsfeiertage waren der Beginn vom Ende
Immerhin: Das Schweizer Medienhaus "20 Minuten" hat einen Zeitstrahl erstellt, der zeigt, wann die Talfahrt der Young Boys begonnen hat, nämlich im Dezember 2023.
Obwohl die Young Boys in der letzten Saison die Schweizer Liga gewinnen konnten, war der Saisonverlauf einigermaßen kritisch. Laut "20 Minuten" gab es schon damals einige Unruheherde innerhalb der Mannschaft.
Der langjährige Torjäger Jean-Pierre Nsame zeigte sich unglücklich mit seiner Einsatzzeit. Auch der talentierte Innenverteidiger Aurele Amenda fühlte sich nicht ausreichend gefördert. Im Januar wechselte Nsame nach sieben Jahren bei den Young Boys schließlich zum italienischen Klub Como. Amenda hat den Verein im Sommer Richtung Frankfurt verlassen.
Das Kalenderjahr 2024 begann unglücklich. Als sich mit Loris Benito ein Urgestein und wichtiger Führungsspieler im Februar verletzte und bald darauf Cheftrainer Raphael Wicky nach einer Reihe enttäuschender Ergebnisse entlassen wurde - herrschte zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Krisenstimmung in Bern.
Trotz des schwierigen Starts in das Jahr 2024 wurden die Young Boys am Ende doch noch Meister. Die Berner holten 2,02 Punkte pro Spiel, auf dem Papier sehr gut, aber dennoch der niedrigste Punkteschnitt ist, den die Young Boys in einer Meistersaison erreichen konnten.
Die Meisterschaft der letzten Saison hat den Verein deshalb aber nicht zur Ruhe kommen lassen. Wachsende Unzufriedenheit mit der Arbeit von Sportvorstand Christoph Spycher und Sportdirektor Steve von Bergen ist kaum zu übersehen.
Schrecklicher Saisonstart trotz CL-Qualifikation
Die Probleme der Young Boys haben sich in der laufenden Saison nicht nur fortgesetzt, sondern sogar noch verschärft. Die ersten drei Saisonspiele wurden allesamt verloren. Es dauerte bis zur 7. Runde, ehe der erste Saisonsieg eingefahren werden konnte.
In der bisherigen Saison gab es nur wenige Lichtblicke. Am meisten Auftrieb gaben noch die Erfolge gegen Galatasaray in der Champions-League-Qualifikation, durch die sich die Young Boys einen Platz in der Ligaphase der prestigeträchtigen Königsklasse sicherten.
Die Schweizer gewannen sowohl das Heim- als auch das Auswärtsspiel. Fast schien es, als würde der Verein wieder in die Spur zurückfinden.
Doch knapp vor der Länderspielpause verloren die Young Boys beim Rivalen FC Basel mit 0:1 - was Cheftrainer Patrick Rahmen nach nur wenigen Monaten im Amt seinen Job kostete. Vorläufig hat der ehemalige Mannschaftskapitän Joel Magnin die Geschicke bei YB übernommen.
Entscheidende Phase beginnt
Den Young Boys droht der Totalausfall. In der UEFA Champions League ist der Schweizer Meister chancenlos, am Mittwoch kassierte man die dritte Niederlage im dritten Spiel (0:1 gegen Inter Mailand). In den kommenden Monaten haben die Verantwortlichen viel zu erledigen.
Doch es gibt auch Licht am Ende des ansonsten rabenschwarzen Tunnels: Im ersten Spiel nach der Länderspielpause ist den Young Boys ein wichtiger Sieg gegen Luzern gelungen - vor dem Anpfiff durfte sich der FCL immerhin Spitzenreiter nennen.
Die kommenden Wochen haben für die Berner zweifelsohne den Charakter einer Vorentscheidung. In den nächsten fünf Ligaspielen trifft man ausschließlich auf nationale Spitzenmannschaften. Zunächst geht es zweimal gegen Lugano, es folgen Partien gegen den FC Basel, den FC Zürich und erneut Luzern.
Gelingt es den Young Boys, diese fünf "Schicksalsspiele" allesamt zu gewinnen, würde man wieder Kontakt zur Tabellenspitze herstellen. Eine Niederlage gegen einen der direkten Konkurrenten allerdings - und YB müsste sich wohl endgültig von den Hoffnungen auf die Titelverteidigung verabschieden.