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Widerständen getrotzt: Das deutsche "Donnermärchen" geht eine Runde weiter

SID
Julian Nagelsmann fand auch gegen Dänemark eine Lösung.
Julian Nagelsmann fand auch gegen Dänemark eine Lösung.Profimedia
Kurz bevor Julian Nagelsmann am Sonntagmittag um 11.53 Uhr forschen Schrittes am Trainingsplatz erschien, drang aus dem Fitnesszelt lautes Gelächter. Trotz der nächtlichen Reisestrapazen mit Blitz und Donner war die Stimmung bei der deutschen Nationalmannschaft nach der nächsten schwarz-rot-goldenen Party bestens. Die Aussicht auf weitere völlig losgelöste Abende und zwei Tage mit den Familien setzte nach dem nicht nur für den Bundestrainer "wilden und skurrilen" Duell mit Dänemark frische Kräfte frei.

"So ein Spiel mit Widerständen zu gewinnen, als Favorit, das macht mich stolz", sagte Nagelsmann und fügte nach zuletzt drei herben Turnier-Enttäuschungen mit Blick auf das Viertelfinale am Freitag in Stuttgart an: "Ich hoffe, dass wir die alte Festplatte gelöscht kriegen und verstehen, wie gut wir sind."

Zum Match-Center: Deutschland vs. Dänemark

Seine bravourös kämpfenden Achtelfinal-Helden waren nach dem 2:0 (0:0) im Dortmunder Hexenkessel erst um 3.19 Uhr am Sonntagmorgen wieder im EM-Quartier in Herzogenaurach eingetroffen, auch da zuckten Blitze über dem "Home Ground". Doch die Fortsetzung des "Donnermärchens" sorgte für gute Laune. Thomas Müller scherzte auf dem Weg zum Spiel-Ersatztraining mit einer Kaffeetasse in der Hand mit Jonathan Tah, auch Niclas Füllkrug gönnte sich ein Schlückchen. Nagelsmann verfolgte die anschließende Einheit mit verschränkten Armen entspannt und lächelnd von der Seitenlinie.

Auf der alten Festplatte sind etwa die großen WM-Blamagen gegen Südkorea und Japan abgespeichert, ein weiteres Turnier-Debakel wird nicht hinzukommen. Doch die Runde der letzten Acht soll nicht die Endstation sein. "Diese Mannschaft", betonte der überragende Abwehrchef Antonio Rüdiger, "zeigt einen guten Charakter, sie kann immer wieder zurückkommen, immer wieder Gas geben. Wir haben noch drei Endspiele."

Rüdiger als Vorbild des Kampfes

Rüdiger ist dabei der Vorkämpfer. Er warf sich gegen starke Dänen in jeden Schuss und feierte seinen "Monsterblock" gegen Jannik Vestergaard kurz vor dem Abpfiff wie einen eigenen Treffer. "Es hätte ein Tor fallen können, deswegen habe ich so gejubelt", sagte Rüdiger, der nach seiner Oberschenkelzerrung ein verlässlicher Partner seines neuen Nebenmanns Nico Schlotterbeck war.

Leidenschaft, Teamgeist, Wille - die Fans können sich wieder mit der Nationalmannschaft identifizieren und befinden sich von Hamburg bis München im Glücksrausch. Das Spiel gegen Dänemark verfolgten im ZDF im Schnitt 23,64 Millionen Menschen. Der Marktanteil betrug 76,8 Prozent und war damit der höchste im Turnierverlauf. Die Fanmeilen im Land sind überfüllt, auch der Kanzler ist begeistert. "Dieses Spiel", schrieb Olaf Scholz nach der achten Partie des Jahres ohne Niederlage bei X, "bleibt in Erinnerung. Darauf könnt ihr stolz sein. Ich bin es - stolz auf euch!"

Die Erleichterung über das erreichte Etappenziel war mit dem Schlusspfiff aus allen Beteiligten herausgebrochen - auch Sportdirektor Rudi Völler jubelte an der Seitenlinie kräftig mit. Die Spieler genossen die Ehrenrunde, die Fans sangen selig den Kulthit "Major Tom".

Keine perfekte Leistung

Dabei war das Spiel der DFB-Auswahl erneut nicht frei von Fehlern, gegen die unbequemen Dänen wurde nur dank Torhüter Manuel Neuer, bedingungsloser Leidenschaft und VAR-Glück ein Gegentor verhindert. "Wir haben noch immer kleine Phasen im Spiel, in denen nicht alles klappt - und gleich rattert es in den Köpfen. Das ist gar nicht notwendig", sagte Nagelsmann.

Doch dem 36-Jährigen ist es seit seinem Amtsantritt im Oktober gelungen, eine Einheit zu formen, die die Herzen der jahrelang enttäuschten Fans zurückerobert hat. "Wir haben was im Land ausgelöst. Wir spielen mit Euphorie, wir spielen mit Spaß", sagte Schlotterbeck. "Jeder kämpft für den anderen", ergänzte Rüdiger.

Und niemand neidet seinem Mitspieler etwas. Super-Joker Füllkrug hockte sich wieder klaglos auf die Bank und sah, wie der gesetzte Kai Havertz einen Handelfmeter nervenstark zur Führung verwandelte (53.). Zauberfuß Jamal Musiala machte mit seinem bereits dritten Turnier-Tor den Deckel drauf (68.). Kapitän Ilkay Gündogan lobte den "Spirit der Mannschaft".

Bis auf Robin Koch sind mittlerweile alle Feldspieler zum Einsatz gekommen. Nagelsmann verteilt kleine Belohnungen, wenn sie möglich sind. Das hält die Stimmung hoch. "Es gibt viele Spieler, die nicht so viele Minuten sammeln. Aber sie halten zusammen", stellte er zufrieden fest.

Zudem steigt das Selbstvertrauen mit jedem Spiel, ohne sich in Überheblichkeit zu steigern. "Wir wissen, dass wir jeden schlagen können - aber auch zu schlagen sind", sagte Joshua Kimmich. Mit dieser Selbsteinschätzung muss der Weg im Viertelfinale noch nicht enden.