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Was am Ende übrig bleibt: Das war die EM 2024 in Deutschland

Micha Pesseg
Spaniens Rodrigo hält den EM-Pokal in die Höhe.
Spaniens Rodrigo hält den EM-Pokal in die Höhe.Profimedia
Es sollte der Höhepunkt des Fußball-Sommers werden, das neue Sommermärchen, ein Fest, das ganz Europa miteinander vereint. Tatsächlich hatte die EM 2024 zahlreiche Höhen - aber auch einige Tiefen. Einen Tag nach Spaniens Triumph im Endspiel gegen England (2:1), ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Was wird von diesem Turnier übrig bleiben? Welche Momente haben uns emotional bewegt, welche Spieler haben sich ins Rampenlicht gespielt? Hier gibt es Antwort.

1) Ein Fest für die Fans(?)

"Die Welt zu Gast bei Freunden" lautete das Motto der Weltmeisterschaft 2006. Auch die EM 2024 sollte ein Fest der Diversität und des Zusammenhalts werden. Turnierdirektor Phillip Lahm hat im Vorfeld des Turniers laufend dieselbe Botschaft verkündet: "Ich glaube fest daran, dass der Fußball Kräfte freisetzt, die wertvoll für unsere Gesellschaft sind - wenn wir sie fruchtbar machen."

Auf den deutschen Straßen wurden dutzende Partys gefeiert. Besonders gut in Erinnerung bleiben wird die niederländische Choreografie ("Naar links! Naar rechts!").

Auch Andre Schnura, besser bekannt als "der Typ mit dem Saxophon", hat die Massen begeistert und seinen Teil zu einem unvergesslichen Sommer beigetragen.

 Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt: In Gelsenkirchen kam es zu Zusammenstößen zwischen serbischen und englischen Anhängern. Türkische Fangruppen machten im Berliner Olympiastadion negativ auf sich aufmerksam, indem sie kollektiv den "Wolfsgruß" zelebrierten. Wo wir gerade dabei sind...

2) Fragwürdiger Torjubel

Eigentlich ist Merih Demiral als Abwehrspieler hauptsächlich dafür verantwortlich, Gegentreffer zu verhindern. Dennoch trat der Türke im Achtelfinale gegen Österreich gleich zweimal als Torschütze in Erscheinung. 

Mit seinem Torjubel nach dem Treffer zum 2:1-Endstand produzierte der 26-Jährige jedoch einen handfesten Eklat. Er nutzte die Bühne, um das Erkennungszeichen der "Grauen Wölfe" in die weite Welt zu tragen. Dabei handelt es ich um eine Vereinigung türkischer Hardcore-Nationalisten, welche vom Bundesamt für Verfassungsschutz intensiv beobachtet wird.

Demirals Jubelgeste überschattete beinahe die starke EM der Türkei.
Demirals Jubelgeste überschattete beinahe die starke EM der Türkei.Profimedia

Die UEFA lautete daraufhin eine Untersuchung ein, Demiral wurde schließlich für zwei Spiele gesperrt. Auf eine Entschuldigung verzichtete der Innenverteidiger, stattdessen hegte er die Hoffnung, dass es "noch mehr Gelegenheiten gibt, diese Geste zu zeigen." Der Torjubel hatte sogar diplomatische Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei zur Folge.

3) Zeit für neue Stars

Luka Modric und seine Kroaten mussten sich bereits nach der Gruppenphase verabschieden, Cristiano Ronaldo wirkte bei der portugiesischen Nationalmannschaft wie ein Fremdkörper und erzielte keinen einzigen Treffer, Antoine Griezmann saß bei den Franzosen größtenteils nur auf der Ersatzbank: Bei der EM 2024 sahen die Stars von früher größtenteils ziemlich alt aus.

CR7 hatte sich seinen EM-Abschied anders vorgestellt.
CR7 hatte sich seinen EM-Abschied anders vorgestellt.Profimedia

Der Fußball hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Tempo, Dynamik und Handlungsschnelligkeit sind häufig die Grundpfeiler des Erfolgs. Die Folge: Wir dürfen eine neue Generation von Wunderkindern und Top-Talenten begrüßen. 

Selbst der 25-jährige Kylian Mbappe wirkte im Vergleich zu Lamine Yamal (17), Nico Williams (22), Jamal Musiala (21), Kobbie Mainoo (19) und Arda Güler (19) wie ein Routinier. Bei der Europameisterschaft in Deutschland haben etliche neue Stars in Erscheinung getreten.

Yamal wurde nicht nur als bester Nachwuchsspieler der EM ausgezeichnet, sondern war mit vier Assists auch bester Vorlagengeber des gesamten Turniers. Trotz Zahnspange und Hausaufgabenstress führte er Spanien zum EM-Titel - da kann nicht einmal Manga-Held Tsubasa Ohzora mithalten.        

4) Spektakel wird belohnt

Seien wir uns ehrlich: Bei einigen Begegnungen, war es unfassbar schwierig, die Augen offenzuhalten. Der Defensivfußball erlebte bei der EM 2024 seine große Renaissance.

Traurigerweise setzten nicht nur krasse Außenseiter wie Georgien und Rumänien auf eine tiefstehende Fünferkette. Auch Titelkandidaten wie England, Belgien und Frankreich zeichneten sich in erster Linie dadurch aus, jedes offensive Risiko tunlichst zu vermeiden. Nur 2,29 Tore fielen durchschnittlich pro Partie.

Die große Pointe: Europameister wurde mit Spanien ausgerechnet jenes Team, das sich dem Trend nicht beugen wollte. Trainer Luis de la Fuente impfte seiner Mannschaft eine direkte, zielstrebige Spielweise ein. Seine Spieler genossen überdurchschnittlich viel taktische Freiheiten.

Die Jungstars Williams und Yamal hatten sogar die explizite Anweisung, möglichst oft das Risiko zu suchen. Kein Wunder also, dass Spaniens Triumph vielerorts auch als "Triumph für den Fußball" wahrgenommen wird.  

5) Wir brauchen einen neuen Modus

Seit 2016 hat jede Europameisterschaft nicht nur 16, sondern ganze 24 Teilnehmer. Diese werden in sechs Vierergruppen aufgeteilt. Neben den Gruppenersten und Gruppenzweiten haben auch einige Gruppendritte die Ehre, ins Achtelfinale einzuziehen. 

Der Modus ist kompliziert und hat einige Tücken. Viele Mannschaften sind bereits in der Gruppenphase darum bemüht, möglichst wenig Gegentore zu kassieren. Auch so lässt sich der Defensiv-Trend bei der EM 2024 erklären. 

Immerhin kann man die Vorrunde problemlos überstehen, ohne ein einziges Mal zu gewinnen. Drei Unentschieden sind wertvoller als ein Sieg und zwei Niederlagen - weil die Tordifferenz im ersten Fall keinesfalls negativ sein kann, im zweiten Fall ist sie es mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das hat einige absurde Konstellationen zur Folge.

So holte Slowenien drei Punkte und zog ins Achtelfinale ein, während sich die Ukraine mit vier Punkten nach der Vorrunde verabschieden musste. Die UEFA wäre gut beraten, den aktuellen Modus zu überdenken. 

Die beste Elf der EM 2024