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Starke Franzosen und aufstrebende Portugiesen - Die großen Favoriten auf den EM-Titel

Anton Latuska
Titelträger Italien gehört bei der Europameisterschaft 2024 nicht zu den absoluten Top-Favoriten.
Titelträger Italien gehört bei der Europameisterschaft 2024 nicht zu den absoluten Top-Favoriten.AFP
Während in ganz Deutschland die Vorbereitungen zur Europameisterschaft auf Hochtouren laufen, laufen sich auch die Teams so langsam für das Nationenturnier warm. Wie in den vergangenen Jahren gehören Frankreich und England zu den hoch eingeschätzten Mannschaften, eine Titelverteidigung der Italiener wäre hingegen eine Überraschung. Ob die DFB-Elf zu den Favoriten gehört und welche Teams man auf der Rechnung haben muss, haben wir für euch zusammengetragen.

Die letzte Länderspielpause vor dem Ende der europäischen Klubsaison bietet den Nationalmannschaften die Gelegenheit, zum letzten Mal neue Spieler auszuprobieren und vielleicht auch die Axt an einige der alten Garde zu legen. Während der durchaus überraschende deutsche Kader auf spektakuläre Weise via Social Media bekanntgegeben wurde, haben andere Teams eingespielte Gebilde und kaum Überraschungen bei der Nominierung.

Frankreich

So wie Frankreich. Die Verletzung von Bayern-Flügelspieler Kingsley Coman hat die Pläne von Nationaltrainer Didier Deschamps leicht durcheinandergeworfen und zur Einladung des Ex-Leverkuseners Moussa Diaby geführt, insgesamt steht das Gerüst der "Equipe tricolore" aber seit Jahren. Der Außenspieler hat, was andere Kandidaten im Umfeld der Nationalmannschaft nicht haben: Er hat bereits den Nachweis erbracht, im Trikot der "Bleus" zu überzeugen.

Insgesamt ist der Kader drei Monate vor dem Ende der Saison sehr konstant und Deschamps nimmt zwischen März und Mai nur selten unvorhergesehene Änderungen vor. Im Vergleich zum letzten Aufgebot gibt es nur drei Änderungen (Coman fällt verletzungsbedingt aus, außerdem kehren Aurelien Tchouameni und Benjamin Pavard zurück, nachdem sie das letzte Länderspiel im November verpasst hatten).

Mit Superstar Kylian Mbappe hat der Schlüsselspieler des Teams aktuell noch mit der Entscheidung für seinen neuen Klub ab Juli zu tun. Hat er diese Frage abgeräumt, kann sich auch der blitzschnelle Stürmer voll auf die EM konzentrieren. Wenn die Franzosen keine internen Probleme entwickeln wie beispielsweise bei der WM 2010 in Südafrika, käme es einer Sensation gleich, wenn sie es nicht zumindest ins Halbfinale schaffen würden.

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England

Ähnliches gilt auch für England, doch das schon seit vielen Jahren. Der Vize-Europameister von 2021, als nicht nur Bukayo Saka traumatische Erfahrungen mit der Entschlossenheit der Italiener um Giorgio Chiellini machen musste, kann sich aufgrund der starken Premier League viele Experimente im Kader leisten. Beispielsweise in der Offensive: Bayern-Star Harry Kane ist in der Spitze gesetzt, neben oder hinter ihm duellieren sich die treffsicheren Ivan Toney und Ollie Watkins um die Plätze.

Bis auf wenige Ausnahmen dürfte die Startelf der "Three Lions" aber ohne Überraschungen auskommen. Langjährige Stammspieler wie Raheem Sterling, Kalvin Phillips und auch der Münchner Eric Dier haben den Sprung aufgrund abfallender Leistungen nicht mehr geschafft, der Stamm um Weltklassespieler wie John Stones, Jude Bellingham und eben Kane steht aber bombenfest.

Ganz nebenbei besteht für die Insulaner eine ganz besondere Motivation: Nachdem es beim letzten Turnier im Wembley-Stadion nicht mit dem Titelgewinn geklappt hat, gäbe es aus Sicht der Engländer kaum etwas Schöneres, als die Trophäe ausgerechnet beim Rivalen Deutschland in den Himmel zu heben. Trainer, Mannschaft und vergleichsweise machbare Gruppe legen den Schluss nahe, dass England einmal mehr einer der absoluten Turnierfavoriten ist.

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Portugal

Ob bei Real Madrid, Manchester United oder das doch eher fußballexotische Al-Nassr: Cristiano Ronaldo ist auch mit 39 Jahren der Schlüsselspieler und Kapitän Portugals bei der Europameisterschaft 2024. Die lebende Legende steht beispielhaft für eine Mannschaft, die wertvolle Erfahrung und schwungvolle Jugend kombiniert wie kaum ein anderes Team im Wettbewerb.

Vor allem in der Offensive muss Nationaltrainer Roberto Martinez, der nach Belgien nun den zweiten "ewigen Geheimfavoriten" übernommen hat, nicht um mangelnde Qualität fürchten. Bruno Fernandes, Bernardo Silva, Joao Felix und CR7 sind Spieler, die eine Partie allesamt alleine entscheiden können, dahinter ordnet mit Joao Palhinha ein echter Stabilisator das Mittelfeld. Was das ehemalige Bayern-Transferziel zu den Chancen der Portugiesen zu sagen hat, lest ihr in unserem exklusiven Interview mit ihm.

Mit 32 Akteuren im vorläufigen Kader hat Portugal eine so große Auswahl wie kaum ein anderes Team. Überraschend kamen zum Beispiel die Berufung von Francisco Conceicao, der zwar als Spieler in den Jugendauswahlen des Landes überzeugt hat, bisher aber doch eher selten auf Profiniveau. Da der Großteil der Startelf feststeht, sind die möglichen Änderungen aber ohnehin kosmetischer Natur. Portugal gehört in jedem Fall zu den Mitfavoriten auf den Titel.

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Spanien

Etwas überraschend ist bei den Spaniern nicht einer der großen Stars das beherrschende Thema vor der Europameisterschaft, sondern einer, der gar nicht mehr zur Verfügung steht: Brahim Diaz, Offensivyoungster von Real Madrid, hat vor wenigen Tagen seinen Wechsel zum marokkanischen Verband bekannt gegeben. Brisant ist das deshalb, weil Diaz jahrelang unter dem aktuellen Nationaltrainer Luis de la Fuente in den U-Nationalmannschaften gespielt hat. Seine Entscheidung gegen Spanien wird nun also auch als Entscheidung gegen den ohnehin angeschlagenen De la Fuente gedeutet.

Der Übungsleiter hat seine Mannschaft noch nicht gefunden, hat zuletzt erfahrene Spieler wie Gerard Moreno oder Pablo Sarabia zum ersten Mal seit über einem Jahr Pause wieder zurückgeholt. Kritiker sagen, der 62-Jährige hätte die vergangenen zwei Jahre nicht genutzt, um seine Stammelf zu finden.

Wirklich gesetzte Spieler gibt es nur wenige: Dani Carvajal, Rodri und die Bundesliga-Spieler Alejandro Grimaldo sowie Dani Olmo sollen die Mannschaft führen, die aufgrund ihres Status immer zum Favoritenkreis zählt. Doch bei den Querelen und Unsicherheiten im Umfeld der "Roja" sowie der sehr schwierigen Gruppe mit Italien und Kroatien wäre es eine Überraschung, wenn Spanien ein Wörtchen um den Titel in Deutschland mitreden könnte.

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Niederlande

Auch bei den Niederländern dominieren vor Beginn der Europameisterschaft die Fragezeichen. Angefangen im Tor, wo Bondscoach Ronald Koeman sich zwischen dem derzeit favorisierten Bart Verbruggen und dem ehemaligen Freiburger Mark Flekken vom FC Brentford entscheiden muss. Da Verbruggen fünf der letzten sechs Spiele von Beginn an bestritten hat, ist seine Nominierung trotz fehlender Erfahrung bei großen Turnieren wahrscheinlich.

Ein echter Hoffnungsträger ist unterdessen Bijlows Klub-Teamkollege Quinten Timber. Der 22-jährige Mittelfeldspieler hat eine grandiose Saison unter dem neuen Liverpool-Coach Arne Slot in Rotterdam hinter sich und gilt trotz der minimalen Erfahrung von einem A-Länderspiel als sicherer Kandidat für den finalen Kader. Ähnliches konnte man auch über Ex-Bayern-Stürmer Joshua Zirkzee sagen, der den FC Bologna in der Serie A in die Champions League geschossen hat, doch eine Knieverletzung machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

So wird es in der Offensive wohl wieder auf den ewigen Memphis Depay ankommen, für die kreativen Momente zu sorgen. Auch wenn er in diesem Jahr nur zehnmal für Atletico Madrid in der Startelf stand, gehört er bei der "Elftal" zu den Schlüsselspielern. Ob der lange verletzte Frenkie de Jong vom FC Barcelona hinter ihm spielen kann, wird auch darüber entscheiden, wie die Chancen der "Oranje" auf einen tiefen Lauf im Turnier sind.

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Deutschland

Aleksandar Pavlovic, Maximilian Beier & Co.: Bundestrainer Julian Nagelsmann sorgte bei der Nominierung des vorläufigen EM-Kaders für jede Menge Überraschungen. Gerade im Ausland sieht man Deutschland als große Unbekannte, gesteht der DFB-Elf aber Chancen vor allem auf der emotionalen Ebene zu. "The Athletic" schreibt zum Beispiel, der Kader verfüge über "eine Ausgewogenheit und Jugend", die "ein desinteressiertes deutsches Publikum aufrütteln kann".

Einige der neu berufenen Spieler könnten dabei direkt in die Startelf rutschen: Außenverteidiger Maximilian Mittelstädt, Abräumer Robert Andrich oder Stürmer Deniz Undav sind nicht weit weg davon, ihre etablierten Nebenleute zu verdrängen. Absolut gesetzt ist dagegen Toni Kroos in der Mittelfeldzentrale und es ist keine wagemutige Prognose, zu behaupten, die Chancen der DFB-Elf im Turnier hängen auch von seiner Leistung ab.

Bei allen Risiken, die mit einer vergleichsweise jungen und international unerfahrenen Mannschaft bestehen, hat Nagelsmann seit seiner Amtsübernahme vor allem durch die gelungenen Testspiele gegen Frankreich und die Niederlande eine gewisse Euphorie entfacht. Wenn die Offensive um die Ausnahmekönner Jamal Musiala und Florian Wirtz harmoniert und den Deutschen wie in der Gruppenphase das Losglück hold bleibt, ist eventuell eine Überraschung drin.

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Italien

Und dann wäre da noch der Titelverteidiger: Völlig überraschend sicherte sich Italien 2021 die Trophäe bei der Corona-Europameisterschaft auf dem ganzen Kontinent, mindestens genauso sensationell wäre ein Sieg in diesem Jahr. Ist man kein Experte für die Serie A und schaut sich den Kader der "Squadra azzurra" an, dürften einem viele Namen unbekannt vorkommen: Spieler wie Raoul Bellanova, Federico Dimarco oder Giacomo Raspadori haben aber gute Chancen, sich am ersten Spieltag gegen Albanien in der Startelf wiederzufinden.

Einer, dessen Nominierung selbst für Experten überraschend kam, ist Michael Folorunsho: Der 26-jährige offensive Mittelfeldspieler nach noch kein Länderspiel bestritten, dafür aber für Abstiegskandidat Hellas Verona an der Seite der Ex-Herthaner Ondrej Duda und Suat Serdar eine starke Saison hingelegt. Nationaltrainer Luciano Spalletti zauberte den Mann mit den nigerianischen Wurzeln aus dem Hut und ließ dafür den treffsicheren Ciro Immobile zuhause.

À propos Stürmer: Die Nummer neun scheint auch in diesem Jahr die große Problemzone des zweimaligen Titelträgers zu sein. Mancini-Liebling Mateo Retegui hat es ebenso in den Kader geschafft wie Gianluca Scamacca, der bei Atalanta Bergamo zwar eine starke Saison gespielt hat, aber nicht als Lieblingsspieler des Trainers gilt. Spanien und Kroatien werden schwere Gegner für die Italiener bereits in der Gruppenphase sein, der weitere Weg der "Azzurri" in diesem Turnier ist völlig offen.

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Belgien

Wohl und wehe der Belgier hängen frei nach Uli Hoeneß nicht einzig von Kevin de Bruyne ab, aber der kreative Weltklassespieler kann das Level unserer Nachbarn auf ein anderes Niveau heben. Das weiß auch Nationaltrainer Domenico Tedesco, der sich die endgültige Berufung des in dieser Spielzeit lange verletzten Mittelfeldmannes bis zuletzt offenhalten will.

Die "Goldene Generation" der Belgier erlebt in diesem Jahr einen Umbruch. Spieler wie Yannick Carrasco, Axel Witsel und Toby Alderweireld werden nicht mehr dabei sein, andere wie Thomas Meunier und Jan Vertonghen aber sehr wohl. Die Belgier glauben an sich und ihre Chance, endlich den ersehnten großen europäischen Titel zu gewinnen. 

Wichtig dafür wird auch ein zuverlässiger Torwart sein, und diese Rolle könnte dem Wolfsburger Koen Casteels zufallen. Nach der langwierigen Verletzung und der damit verbundenen Absage von Real-Schlussmann Thibaut Courtois und der Nicht-Verfügbarkeit von Roma-Keeper Mile Svilar wegen Verbandsbestimmungen ist Casteels der Top-Favorit auf die Eins. Er wird zu Höchstleistung auflaufen müssen, wenn die Belgier aus der Position des "ewigen Geheimfavoriten" heraustreten wollen.

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