Das "Wagnis" zahlt sich aus: Montella mit der Türkei auf Erfolgskurs
Vor drei Jahren traf Vincenzo Montella eine "schwierige Entscheidung". Fast sein komplettes Leben hatte der frühere Nationalstürmer der Squadra Azzurra in Italien verbracht, doch dann nahm er "eine Herausforderung" fernab der Heimat an. Bereut hat der 50-Jährige seinen Schritt in die Türkei nicht, dort wurde er vom Vereinstrainer zum Nationalcoach - mit bemerkenswertem Erfolg.
Der leidenschaftliche Auftritt gegen Ralf Rangnicks Österreicher im EM-Achtelfinale (2:1) lässt die Türkei hoffen. Mit einem weiteren Sieg am Samstag gegen die Niederlande im Berliner Olympiastadion (21 Uhr/LIVE in der Flashscore Audioreportage) wäre die zweite Halbfinal-Teilnahme nach 2008 perfekt. Mittendrin in der Euphorie: Montella.
Vergleich mit Fatih Terim
Nach dem Einzug ins Viertelfinale wurde er schon in einem Atemzug mit dem früheren Erfolgstrainer Fatih Terim genannt, unter dem die Türkei vor 16 Jahren beim Turnier in der Schweiz und Österreich ihr bislang bestes EM-Ergebnis gefeiert hatte. Er fühle sich sehr geehrt, sagte Montella, in dessen Vita sich noch mehr Gemeinsamkeiten mit dem türkischen Coach finden lassen. Wie Terim trainierte er einst die Serie-A-Klubs AC Florenz und AC Mailand und jetzt, sagte Montella, "bin ich beim türkischen Nationalteam, wo er Fußballgeschichte geschrieben hat".
Hochgelobt und scharf kritisiert - Montella hat beide Extreme in seinen knapp zehn Monaten als türkischer Trainer bereits erlebt. Wie schnell die Stimmung kippen kann, musste er auch bei der EM erfahren, sah sich nach der späten Einwechslung des türkischen Toptalents Arda Güler beim 0:3 gegen Portugal gar Mobbing-Vorwürfen ausgesetzt. Diesen stellte sich der Verband TFF jedoch entgegen.
Trennung von Kuntz
Im vergangenen Herbst hatten sich die Verantwortlichen für den Weg mit Montella entschieden, Stefan Kuntz musste mitten in der EM-Qualifikation nach einer 2:4-Testspielniederlage gegen Japan gehen. Es habe mehr Mut und einen neuen Impuls gebraucht, erklärte der ehemalige Bundesligaprofi Hamit Altintop, heute TFF-Vorstandsmitglied, dem Nachrichtenportal t-online nach der Entlassung des früheren U21-DFB-Trainers. Der Zeitpunkt sei ein Risiko gewesen, aber man sei das "Wagnis eingegangen".
Der Verband dürfte sich bestätigt fühlen, das EM-Ticket hatte die Türkei auch mit dem neuen Mann an der Seitenlinie nach Siegen gegen den WM-Dritten Kroatien (1:0) und Lettland (4:0) gelöst. Auch wenn er selbst seine Erfolge als Spieler mit 141 Toren in der Serie A, einem Meistertitel und einem Pokalsieg mit der AS Rom in Italien feierte, kennt er den türkischen Fußball bestens.
Vor drei Jahren hatte es Montella nach Trainerstationen in Rom, Mailand, Sevilla und Florenz zu Adana Demirspor in die Türkei gezogen, nun könnte er seine Wahlheimat ins Halbfinale führen.
An ein "universelles Erfolgsrezept" glaube er dabei nicht, erklärte er in einem UEFA-Interview. Als Trainer müsse man stets die Qualitäten der Spieler fördern, "statt seinen eigenen Plan auf Biegen und Brechen zu verfolgen". Das scheint bisher aufzugehen.
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