Hoeneß als neuer Stuttgart-Trainer gleich unter Druck: VfB gastiert im Pokal in Nürnberg
Da fuhr Dieter Hecking am Freitagabend nach dem Spiel seiner Nürnberger gegen Darmstadt 98 extra nach Berlin, um den kommenden Gegner im Auswärtsspiel bei Union Berlin zu scouten. Mit einer Prise Humor könnte man sagen, die cleveren Stuttgarter wollten sich nicht in die Karten schauen lassen und entließen daraufhin zwei Tage später ihren Trainer Bruno Labbadia. Sein Nachfolger Sebastian Hoeneß wird also zwei Tage nach Amtsantritt ins kalte Wasser geworfen und muss direkt in Nürnberg überzeugen.
Zum Match-Center: 1. FC Nürnberg vs. VfB Stuttgart
Auf dem Papier ist das Spiel des Erstligisten beim Zweitligisten recht klar, aber die Unterschiede zwischen beiden Teams verschwimmen in dieser Saison. Ähnlich wie der VfB steckt auch der Club in der Liga im Abstiegskampf und begreift den DFB Pokal als Chance, die Saison zu retten. Auch finanziell können beide Vereine ein Weiterkommen ins Halbfinale des Pokals gut gebrauchen: Ganze 3,35 Millionen Euro gibt es für den Gewinner der Partie am Mittwochabend (live ab 18 Uhr bei Sky und in der Flashscore-Audioreportage) zu verdienen.
Gerade in Sachen DFB Pokal weckt das Aufeinandertreffen des 1. FC Nürnberg gegen den VfB Stuttgart natürlich große Erinnerungen: Im Jahr 2007 standen sich die beiden noch im Finale im Berliner Olympiastadion gegenüber. Damals sorgte Nürnbergs Jan Kristiansen mit einem Traumtor in der Verlängerung für den Sieg des Clubs. Damals hinderte der FCN den VfB sogar am Gewinn des Doubles, nachdem die Schwaben einige Tage zuvor die Deutsche Meisterschaft eingefahren hatten. Das waren noch Zeiten.
Club trotz Niederlage im Aufwind
Zeiten, die der 1. FC Nürnberg gerne wieder erleben möchte, doch die Realität sieht anders aus. Am Freitag gab es gegen das Topteam aus Darmstadt eine unnötige 0:1-Niederlage, da Innenverteidiger Christopher Schindler ein Eigentor unterlief. Trotzdem könnte das Spiel einen positiven Wendepunkt darstellen, denn Mannschaft und Fans haben sich nach schwierigen Wochen nach dem Spiel wieder angenähert. Die Nordkurve honorierte die engagierte Leistung der Mannschaft mit einer guten Stimmung während der 90 Minuten und mit positiven Botschaften trotz der Niederlage nach Schlusspfiff.
Auf die Unterstützung von außen können sich die Clubberer auch am Mittwochabend verlassen, denn das Max-Morlock-Stadion wird ausverkauft sein. Spätestens 2029 möchte der FCN in einem eigenen, neuen Stadion spielen. Ob so ein Anlass bis dahin nochmal kommen wird, ist unklar. Dementsprechend ist mit einer elektrisierenden Atmosphäre für das Pokalspiel gegen den VfB zu rechnen.
Personell spricht vieles dafür, dass Trainer Dieter Hecking keine größeren Veränderungen im Vergleich zum Spiel gegen Darmstadt vornimmt. Eine Option wäre die Hereinnahme von Jens Castrop im Mittelfeld für Taylan Duman, außerdem steht Routinier Danny Blum nach langer Verletzungspause wieder zur Verfügung. Der erfahrene Flügelspieler feierte gegen den SV Darmstadt sein Comeback beim FCN, nachdem er 2016 den Verein verlassen hatte und im Januar zurückgekehrt war. Für einen Startelfeinsatz wird es vermutlich nicht reichen, doch eine Option für Hecking ist er auf jeden Fall.
So könnte Nürnberg spielen (4-1-4-1): Vindahl - Gyamerah, F. Hübner, Schindler, Brown - Geis - Castrop, Möller Daehli, Tempelmann, Nürnberger - Duah
Hoeneß als Stuttgarter Hoffnungsträger
Bereits am Samstag direkt nach Schlusspfiff berichtete die "Bild" über die Entlassung von Cheftrainer Bruno Labbadia. Dass es mit der offiziellen Verkündung bis zum Montagnachmittag dauerte, interpretierten die meisten im Stuttgarter Umfeld so, dass erst ein Nachfolger feststehen sollte. Nach nur 120 Tagen im Amt endete also die zweite Amtszeit Labbadias auf Tabellenplatz 18, aber immerhin im Pokal-Viertelfinale. Es wäre eine Pointe des Schicksals, wenn Labbadia trotz der enttäuschenden Resultate in der Liga einen Anteil an einem möglicherweise historischen Lauf im DFB Pokal hätte.
Als vierter Trainer der Schwaben in der aktuellen Saison findet Sebastian Hoeneß eine Mannschaft mit Unwucht vor. Gegen Union Berlin standen vier Innenverteidiger in der Startelf, dazu kein gelernter Flügelspieler. Labbadia versuchte stets, Form zu honorieren und Systeme den Spielern anzupassen. Beim VfB Stuttgart wird mit Spannung erwartet, ob Sebastian Hoeneß wieder mehr auf Positionstreue setzt und die Experimente der Innenverteidiger auf den Außenbahnen beendet.
Als ehemaliger Jugendspieler des VfB kennt er den Verein und wurde laut dem Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle auch perspektivisch verpflichtet. Sein Vertrag läuft bis 2025 und gilt für die erste und für die zweite Liga. Am Mittwochabend spielt Perspektive allerdings eine untergeordnete Rolle und Hoeneß wird nach nur einem gemeinsamen Training entscheiden müssen, welcher Elf er die komplizierte Partie in Nürnberg am ehesten zutraut. Ein großes Fragezeichen steht dabei hinter Außenverteidiger und Schlüsselspieler Borna Sosa, der das Spiel in Berlin angeschlagen verpasste.
So könnte Stuttgart spielen (4-3-3): Bredlow - Vagnoman, Mavropanos, Anton, Ito - W. Endo, Haraguchi, Millot - Tiago Tomas, Führich - Perea
Flashscore-Prognose: Stuttgart zittert sich ins Halbfinale
Wohl nur die optimistischsten VfB-Fans erwarten in der Partie in Nürnberg einen echten Klassenunterschied. Viel mehr wird das Spiel ein Kampf auf fußballerisch niedrigem Niveau, den der Bundesligist durch einen Kopfballtreffer nach einer Standardsituation aber knapp gewinnt. 0:1.