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Tete-a-Tete an der Seitenlinie: Kehl bietet Simeone die Stirn und weckt BVB auf

SID
Aktualisiert
Sebastian Kehl (l.) hat von außen ein wichtiges Zeichen der Kampfeslust für den BVB gesendet.
Sebastian Kehl (l.) hat von außen ein wichtiges Zeichen der Kampfeslust für den BVB gesendet.Profimedia
Das Feuer für ein brandheißes Rückspiel entzündete Sebastian Kehl höchstpersönlich. Nase an Nase schrien sich der Sportdirektor von Borussia Dortmund und der fanatische Diego Simeone an der Seitenlinie an, es kam sogar zu einer kleinen Schubserei - aber Kehl, mit geschwollener Schlagader am Hals, wich vor dem gefürchteten Trainer von Atletico Madrid im brodelnden Estadio Metropolitano nicht zurück.

"Es ist noch nicht vorbei!", stellte Kehl zur Geisterstunde vor der Abfahrt der beiden BVB-Busse über die Avenida Luis Aragones fest. Diese Einstellung hatte sich nach einer "grausamen ersten Halbzeit" (Julian Brandt) auch auf die Mannschaft übertragen, die plötzlich verlorenen Mut fasste, sich wehrte und biss. Angesichts von Brandts Lattenkopfball in letzter Sekunde wäre sogar noch mehr drin gewesen als dieses 1:2 (0:2) im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League.

Tief in der Nacht rauften sich die BVB-Fans in den typischen Mini-Lädchen, die als einzige noch Bier verkauften, die Haare. Wäre dieser Ball doch bloß noch drin gewesen! Allerdings hätte es da auch schon längst vorbei sein können mit der Hoffnung auf das erste Halbfinale seit elf Jahren.

"Sie haben uns aufgefressen", schimpfte Kapitän Emre Can über eine erste Halbzeit, in der die wieder mal janusköpfigen Dortmunder nur so über den Platz taumelten und tölpelhaft Tore verschenkten. Mats Hummels, Nico Schlotterbeck, Gregor Kobel oder Ian Maatsen veranstalten ein absurdes Fehler-Festival, das der großen Bühne unwürdig war: Mit zwei blauen Augen schleppte sich der BVB in die Kabine. "Da kannst du hier auch untergehen", betonte Can.

Kehl setzt ein Zeichen an der Seitenlinie

Dass der BVB weiter an der Oberfläche strampelte, dass er "seine Cojones fand", wie Atleti-Fans in der U-Bahn-Linie 7 anerkennend bemerkten, war auf dem zweieinhalbstündigen Heimflug der große Mutmacher für das Rückspiel am Dienstag. "Es ging darum, dagegenzuhalten", sagte Kehl: Das hatte er selbst vorgelebt.

Als Emre Can sich gerade vor Schmerzen auf dem Rasen krümmte und Atletico einen Konter direkt an ihm vorbei spielte, kam es draußen zum Tete-a-Tete der besonders hitzigen Art. Der Wüterich Simeone, nicht ganz zu Unrecht als Wahnsinniger verrufen, und Kehl schossen Blitze aus den Augen wie zwei Boxer beim Staredown. "Da kamen Emotionen zusammen", berichtete Kehl später, zwei Assistenten wären mäßigend eingeschritten.

Der Funke aber sprang über auf den Platz. "Wir haben Moral gezeigt, wir haben uns gewehrt", betonte Can, "wenn wir das auch in der nächsten Woche zeigen, haben wir viel Hoffnung. Wir glauben an uns. Wir können es schaffen!"

Der Booster-Shot für das Selbstvertrauen war der späte Anschlusstreffer von Sebastien Haller, der nach langer Leidenszeit sein erstes BVB-Tor seit der ersten DFB-Pokal-Runde bei Schott Mainz im August erzielte. "Sehr happy" sei er, verriet der Stürmer, "es war wichtig für die Hoffnung. Jetzt ist alles möglich."

Ausgerechnet Haller

Nach seiner Hodenkrebs-Therapie war Haller mit allzu verständlichen körperlichen Problemen zurückgekommen, der Afrika-Cup-Sieg mit der Elfenbeinküste aber hat ihm aus dem Tief geholfen. Da Nationalstürmer Niclas Füllkrug seit Wochen nicht überzeugt, besteht sogar wieder die Chance auf einen Startplatz.

Nicht nur für ihn, sondern für alle BVB-Spieler galt das Fazit von Sebastian Kehl: "Wir gehen mit dem guten Gefühl raus, dass wir das nächste Woche regeln können." Zumindest, wenn die Mannschaft sich ein Beispiel an ihrem Sportdirektor nimmt.

Zum Match-Center: Atletico Madrid vs. Borussia Dortmund