Red Bull Salzburg und der Traum von alter Stärke
Die abgelaufene Saison war für Red Bull Salzburg ein einschneidendes Erlebnis. Nach elf Jahren ununterbrochener Dominanz wanderte der Meisterteller an den SK Sturm Graz.
Eine Zeitenwende? Wohl kaum, eher eine Verkettung unglücklicher Ereignisse. In Österreich ist man sich weitestgehend einig, dass Salzburg schon bald zu alter Dominanz zurückfinden wird.
Match-Center: Sparta Prag vs. RB Salzburg
Keine Konstanz auf der Trainerbank
Die zurückliegende Spielzeit hat für RB Salzburg extrem chaotisch begonnen. Am 28. Juli 2023, unmittelbar vor dem 1. Spieltag, ließ Matthias Jaissle eine Bombe platzen: Der Salzburger Cheftrainer wechselte mit sofortiger Wirkung nach Saudi-Arabien zu Al-Ahli.
Jaissle hat in Salzburg ein hohes Ansehen genossen. Zweimal wurde er österreichischer Meister und wählte dabei eine attraktive, für Red Bull Spielweise: aggressives Pressing, hohes Tempo, direktes Passspiel.
Sein Abgang kam überraschend, einen Nachfolger hatte das Vereinspräsidium nicht parat. Die Auswahl war begrenzt, doch musste man rasch eine Lösung präsentieren. Schlussendlich einigte man sich auf einen alten Bekannten: Gerhard Struber.
Er hatte seine Trainerkarriere in der Salzburger Akademie begonnen und bei RB New York wichtige Erfahrungen als Cheftrainer gesammelt. Allerdings spielte Salzburg unter Struber äußerst biederen, risikoarmen Fußball. Seine strenge Menschenführung traf ebenfalls auf wenig Gegenliebe.
Im April wurde Struber schließlich entlassen, wenige Wochen später nutzte Sturm Graz die Gunst der Stunde und schnappte sich den Meistertitel.
Erfolgsrezept mit Nebenwirkung
Red Bull Salzburg ist bekannt für ein raffiniertes Scouting-System. Quer über den Globus wird Ausschau nach jungen Talenten gehalten. Diese werden verhältnismäßig günstig verpflichtet, mit viel Geduld entwickelt und eines Tages teuer weiterverkauft.
Prominenteste Beispiele sind Erling Haaland, Dominik Szoboszlai, Sadio Mane, Karim Adeyemi, Konrad Laimer und Benjamin Sesko.
Das Erfolgsmodell hat einen großen Nachteil: Jahr für Jahr wird fast der gesamte Kader umgekrempelt. Zudem betrachten viele Spieler Salzburg lediglich als Sprungbrett und denken primär an die eigene Karriere, nicht an das Wohlergehen des Vereins.
Struber scheiterte an der Aufgabe, aus einem Haufen junger Legionäre eine Gruppe zu schaffen, die sich als Mannschaft versteht. Offensichtlich wurde das in der Vorsaison, als man sich peinliche Ausrutscher gegen vermeintliche schwächere Gegner wie BW Linz oder Austria Klagenfurt erlaubte.
Neuer Trainer, neue Hoffnung
In diesem Sommer wurde schließlich Pepijn Lijnders als neuer Cheftrainer verpflichtet. Der Niederländer machte bei Red Bull Salzburg sofort einen guten Eindruck.
Hohes Ansehen genießt er vor allem aufgrund der gelungenen Qualifikation für die Ligaphase der Champions League. Gegen Twente Enschede (2:1, 3:3) und Dynamo Kiew (2:0, 1:1) machte seine Truppe einen unerwartet stabilen Eindruck, Rückschläge wurden schnell verkraftet.
Der israelische Spielmacher Oscar Gloukh und der temporeiche Angreifer Dorgeles Nene etablierten sich als Leistungsträger. Noch ist die Defensive um Samson Baidoo fehleranfällig, was jüngst bei einer 2:3-Niederlage gegen Rapid Wien augenscheinlich wurde.
Dennoch hat man die Hoffnung, bei Sparta Prag wichtige Punkte zu sammeln. Man weiß um Spartas reiche Historie, große Finanzkraft und die gute Jugendakademie - wähnt sich aber auf Augenhöhe mit dem tschechischen Meister.
Möchte Salzburg den Sprung in die Ligaphase schaffen, sollte man eine Niederlage in Prag mit allen Mitteln verhindern. An den letzten vier Spieltagen trifft man auf Bayer Leverkusen, PSG, Real Madrid und Atletico.