Zwischen Befreiungsschlag und Trainerdebatte - Verzwickte Situation für Union Berlin
Nenad Bjelica erschien aus dem Nichts. Urplötzlich tauchte Union Berlins gesperrter Trainer im Bauch der Alten Försterei zwischen den Journalisten auf und zwängte sich durch das Menschenknäuel. Wortlos klatschte der umstrittene Coach mit Matchwinner Benedict Hollerbach ab, ehe er - so geschwind, wie er gekommen war - wieder in den Katakomben verschwand.
Zwei Erkenntnisse sollten von diesem Sonntagnachmittag bleiben. Ein schwer erkämpfter 1:0-Sieg gegen Darmstadt 98, ein wichtiger Befreiungsschlag im Rennen um den Klassenerhalt. Und die Frage, ob Bjelica auch nach Ablauf seiner Drei-Spiele-Sperre noch Union-Trainer sein darf - oder der Verein ihm nach dem Ausraster gegen Leroy Sane mit Verspätung entlassen wird.
Unnötiger Nebenschauplatz
Eine klare Antwort blieben die Verantwortlichen in Berlin-Köpenick schuldig. "Natürlich ist es unglücklich, wenn ein Cheftrainer drei Spiele fehlt", sagte Geschäftsführer Oliver Ruhnert nach dem Spiel in der ARD. Die drei Vertreter auf der Bank hätten ihren Job "sehr gut gemacht." Ruhnert schob hinterher: "Wenn wir in den nächsten beiden Spielen genauso erfolgreich sind wie in diesem, ist es natürlich auch eine gute Geschichte."
Bleibt Bjelica also? Neben der Sperre und 25.000 Euro Geldbuße, die das DFB-Sportgericht dem 52-Jährigen für den wiederholten Griff in Sanes Gesicht im Nachholspiel bei Bayern München aufgebrummt hatte, brachte der Verein seinen Unmut bereits durch eine Vertragsstrafe zum Ausdruck.
Nun wird zu erörtern sein, ob Union Bjelica nachhaltig als tragbar erachtet. "Sein Auftreten als Cheftrainer von Union Berlin hat uns nicht gefallen. Das haben wir der Mannschaft und auch dem Trainer klar mitgeteilt", sagte Ruhnert. Zeit bleibt bis zum 10. Februar, dem Tag des Heimspiels gegen den VfL Wolfsburg. Dann dürfte der Trainer das Geschehen wieder von der Seitenlinie aus verfolgen.
Am Montagnachmittag meldete Sky, dass der Coach weitermachen dürfe. Auf offiziellem Weg bestätigt wurde das nicht. Eine endgültige Entscheidung dürfte nicht lange auf sich warten lassen, auch wenn die beiden Co-Trainer Danijel Jumic und Marie-Louise Eta das Vakuum an den Spieltagen zu schließen versuchen - so gut es eben geht.
Fehlende Gewissheit
Idealerweise herrscht bis zum Auswärtsspiel am Sonntag (17:30 Uhr/DAZN) bei RB Leipzig Klarheit. Drei Tage später steht das wichtige Abstiegsduell mit dem FSV Mainz 05 an. Spekulationen und Gerüchte um die Zukunft Bjelicas erzeugen bei den Eisernen störende Hintergrundgeräusche.
Bjelica selbst, der die Mannschaft unter der Woche trotz Sperre trainieren darf, wirkte nicht unberührt. Während des Darmstadt-Spiels hielt er in seiner Loge kaum still und befand sich laufend in Bewegung. Nach Schlusspfiff entlud sich die Anspannung des Kroaten. Er blickte mit geballten Fäusten nach oben, schickte ein Stoßgebet gen Himmel.
Eine Geste mit Symbolcharakter: Denn er selbst hat seine Zukunft nicht mehr in der Hand.