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Nebenmann für Kimmich: Drei mögliche Neuzugänge, die Bayern München sofort helfen würden

Micha Pesseg
Joshua Kimmich soll von einem defensiv denkenden Nebenmann unterstützt werden
Joshua Kimmich soll von einem defensiv denkenden Nebenmann unterstützt werdenProfimedia
Absolute Weltklasse-Spieler entscheiden sich nur in den seltensten Fällen für einen Wechsel in die deutsche Bundesliga. Der FC Bayern München kann ein Lied davon singen. Dass man sich aus dem Wettbieten um Declan Rice verabschiedete, hatte fast ausschließlich sportliche, keine wirtschaftlichen Gründe.

Declan Rice wird zum FC Arsenal wechseln. An der Säbener Straße befindet man sich also weiterhin auf der Suche nach einem zentralen Mittelfeldspieler, der Joshua Kimmich im Abwehrdrittel entlastet.

Ein Spieler wird gesucht, welcher Kimmich den Rücken freihält und das nötige defensive Verständnis mitbringt, um die 2022/23 schonungslos offengelegte Konter-Anfälligkeit des FC Bayern zu minimieren. 

Declan Rice entschied sich gegen den Wechsel nach München
Declan Rice entschied sich gegen den Wechsel nach MünchenProfimedia

Doch der deutsche Rekordmeister befindet sich in einer Zwickmühle. International ist der Respekt vor dem deutschen Fußball – trotz enttäuschender Leistungen der Nationalmannschaft und im Europapokal – unverändert groß.

Allerdings wird die vergleichsweise finanzschwache Bundesliga als Sprungbrett in die Premier League, nach Barcelona oder zu Real Madrid wahrgenommen. Nichts als Endstation der Sehnsucht. David Alaba, Robert Lewandowski seien in diesem Zusammenhang als Beispiele genannt. 

Darum haben wir drei defensive Mittelfeldspieler genau unter die Lupe genommen, von denen wir glauben, sie wären sich für den Wechsel nach Deutschland nicht zu schade. Weil sie noch Steigerungspotenzial besitzen, noch nicht zu den ganz Großen des Weltfußball gehören. Drei Spieler, von denen wir glauben, dass sie den FC Bayern auf einer wichtigen Position nachhaltig verstärken würden.

EdersonAtalanta Bergamo

Lange wurde in München gerätselt, welche taktischen Veränderungen der Wechsel von Julian Nagelsmann zu Thomas Tuchel eigentlich zur Folge hatte. Nach zwölf mäßig erfolgreichen Spielen und einigen Pressekonferenzen, auf welchen der neue Coach händeringend versuchte, die schwachen Leistungen seiner Mannschaft zu erklären, hat sich ein ganz spezieller Eindruck gefestigt:

Unter Nagelsmann versuchte der FC Bayern systematisch, die Pressinglinien des Gegners mit direkten Pässen sofort zu überspielen. Das wirkte oft etwas hastig, manchmal auch eindimensional. Unter Tuchel bekommt der geordnete Spielaufbau, welcher mit flachen Pässen im eigenen Strafraum beginnt, eine größere Rolle. 

Joshua Kimmich – der seinem Naturell entsprechend lieber den letzten Pass hinter die gegnerische Abwehrkette sucht, anstatt mit unspektakulären Horizontalpässen dem eigenen Ballbesitz Struktur zu verleihen – ist unter Tuchel nicht die richtige Wahl, um Defensive und Offensive miteinander zu verknüpfen.

Der Brasilianer Ederson könnte diese Rolle weitaus besser ausfüllen. Vor einem Jahr verpflichtete ihn Atalanta Bergamo um über 20 Millionen Euro vom Ligakonkurrenten Salernitana – obwohl er zu diesem Zeitpunkt erst 15 Pflichtspiele im europäischen Profifußball hinter sich hatte.

Ederson (re.) im Duell mit Napoli-Star Osimhen
Ederson (re.) im Duell mit Napoli-Star OsimhenAFP

Ederson ist für einen Kreativposten wie Kimmich die ideale Ergänzung. Sein Passspiel ist zumeist unspektakulär, aber höchst effektiv. Ähnlich wie Declan Rice verzichtet der 23-Jährige zumeist auf lange Zuspiele und bedient lieber seine dribbelstarken Mitspieler in den offensiven Zonen. Allerdings kommt Ederson – was die Passgenauigkeit von Rice anbelangt – nicht ganz mit. 

Rice brachte in der Premier-League-Saison 2022/23 knapp 86,5 Prozent seiner Zuspiele an den Mann. Ederson kam in der abgelaufenen Serie-A-Saison lediglich auf einen Wert von 81 Prozent. Der englische Nationalspieler ist Ederson auch bei der Zweikampfquote geringfügig überlegen.

Ein Hinweis auf einen eklatanten Qualitätsunterschied? Nicht unbedingt. Eher ein Hinweis, dass Ederson seine Stärken woanders hat. 1,99 abgefangene Pässe pro 90 Minuten sind absolute Weltklasse.

Edersons Passpiel ist risikoarm, seine Stärken liegen woanders
Edersons Passpiel ist risikoarm, seine Stärken liegen woandersOpta by StatPerform/Profimedia

Zudem gilt er als extrem arbeitsamer und laufstarker Spieler, der sich auch für die berüchtigte Drecksarbeit nicht zu schade ist. Eigenschaften, die ihn im schläfrig wirkenden Bayern-Kollektiv zu einer wertvollen Ergänzung machen würden.

Ederson hat sich in nur eineinhalb Jahren an die hohe taktische Schule in Italien gewöhnt. Ihm wäre zuzutrauen, sich ähnlich schnell an die körperlich anspruchsvolle deutsche Liga zu gewöhnen. 

Joao PalhinhaFC Fulham

Als klar wurde, dass Declan Rice einen Wechsel im Sommer präferieren würde, hielten die Fans von West Ham United Ausschau nach einem passenden Nachfolger. Viele Hammers fanden ihn nur wenige Kilometer entfernt, am Craven Cottage.

Der 1,90 Meter große Portugiese war bis Sommer 2022 bei Sporting Lissabon aktiv, ehe er sich für einen Wechsel in die Premier League entschied. Sofort integrierte er sich in sein neues Team und machte als kompromissloser Abräumer auf sich aufmerksam.

Palhinha (li.) gewöhnte sich sofort an die Spielweise in England
Palhinha (li.) gewöhnte sich sofort an die Spielweise in EnglandAFP

Palhinhas Stärken sind mentaler und körperlicher Natur. In Portugal hat er gelernt, wohin er sich bewegen muss, um ohne großen läuferischen Aufwand in die wichtigen Zweikämpfe zu kommen. Mit 193 erfolgreichen Abwehraktionen – erfolgreiche Zweikämpfe und abgefangene Bälle – war er der defensivstärkste Feldspieler der abgelaufenen Premier-League-Saison. Noch vor Moises Caicedo (156) und Declan Rice (142).

An eigenen Angriffen nimmt er jedoch nur selten teil. Er geht nicht früh ins Pressing, sondern lässt sich bei eigenen Angriffen lieber fallen. Seine Rolle ist noch stärker auf Defensivaktionen ausgerichtet als jene von Rice in West Ham. Am Ball wirkt er durch seine Körpergröße manchmal etwas lethargisch oder unbeweglich. Pässe, die Raumgewinn erzeugen, sind eher eine Seltenheit.

Palhinha orientiert sich grundsätzlich am eigenen Strafraum
Palhinha orientiert sich grundsätzlich am eigenen StrafraumOpta by StatPerform/AFP

Um Ball zu erobern und ihn anschließend rasch und unkompliziert an die Teamkollegen weiterzuleiten, ist der 27-Jährige aber in der Lage. Bei Kurzpässen kommt er auf eine Erfolgsquote von immerhin 87,8 Prozent.

Im Gegensatz zu Declan Rice wäre Palhinha kein Spieler, der alle Facetten des Spiels auf international überdurchschnittlichem Niveau ausfüllt. Er wäre ein klarer Rollenspieler, der sich seinem Stammplatz mit dem deutlich dynamischeren Konrad Laimer oder dem spielstarken Ryan Gravenberch teilen würde.

Dass er erst vor einem Jahr in London anheuerte, dürfte einen Transfer erschweren. Für rund 50 Millionen Euro wäre der Portugiese aber wohl zu haben. Der Transferexperte Pedro Almeida brachte ihn bereits mit dem FC Bayern in Verbindung.

Ibrahim SangarePSV Eindhoven

Aufmerksamen Bayern-Fans dürfte der Name nicht fremd sein. Sangare wurde in diversen Online-Foren bereits mit den Münchenern in Verbindung gebracht. 2022 wurde er zudem Thomas Tuchel angeboten, als der noch den FC Chelsea trainierte.

Der 25-jährige Ivorer wurde in Frankreich beim FC Toulouse ausgebildet und machte schon in jungen Jahren mit einer außergewöhnlich physischen Spielweise und dutzenden abgefangenen Pässen auf sich aufmerksam.

Schon in jungen Jahren wurde Sangare für seine defensiven Qualitäten geschätzt. Am Ball wurden dem defensiven Mittelfeldspieler aber eklatante Schwächen nachgesagt. Er tendiere zu technischen Fehlern, leiste sich unnötige Ballverluste. Im Jahr 2023 merkt man davon kaum noch etwas.

Bei PSV machte Sangare (li.) die nächsten wichtigen Entwicklungsschritte
Bei PSV machte Sangare (li.) die nächsten wichtigen EntwicklungsschritteAFP

Unter Roger Schmidt machte er in der Saison 2021/22 bedeutende Fortschritte mit Ball am Fuß. Die Anzahl seiner progressiven, (also Raum erzeugenden) Dribblings steigerte sich massiv. Zudem kam er in jener Saison auf durchschnittlich 3,39 schusserzeugende Aktionen pro 90 Minuten. Zum Vergleich: Leon Goretzka kam in der abgelaufenen Spielzeit lediglich auf 2,55 solcher Aktionen pro 90 Minuten.

Sangare misst 1,91 Meter. Gegen Teams, die vorwiegend auf lange Bälle setzen – von denen es in Deutschland bekanntlich einige gibt – ist das ein entscheidender Vorteil. Trotz seiner Körpergröße ist Sangare recht beweglich und temporeich. Gepaart mit seiner taktischen Intelligenz schafft er es so auch, mit beiden Beinen auf dem Boden Zweikämpfe zu gewinnen.

Nach drei Jahren in der niederländischen Eredivisie ist der Schritt in eine Top-5-Liga längst überfällig. Sangare ist 25 Jahre alt und sollte für eine mittlere zweistellige Millionensumme zu haben sein. Sein Vertrag in Eindhoven läuft im Sommer 2027 aus.