Krönung gegen Mainz? Marco Reus kann zum ersten Mal deutscher Meister werden
Seit 2012 ist Marco Reus aus Dortmund nicht mehr wegzudenken. Beim BVB wurde Reus auch ausgebildet – ehe sein U17-Trainer Peter Wazinski den Jungspund für zu zerbrechlich für den Profi-Fußball befand. Zusammen mit Kevin Großkreutz wechselte er nach Ahlen, wo der Offensivallrounder schließlich auch sein Profidebüt geben sollte.
Nach einer starken Zweitligasaison 2008/09 mit RW Ahlen sicherte sich ein Bundesligist die Dienste des damals erst 20-jährigen Marco: Borussia Mönchengladbach überwies rund eine Million Euro nach Ahlen.
Traumtor zum Einstand
Der Sohn eines Schlossers und einer Bürokauffrau unterschrieb einen Vierjahresvertrag bei der Borussia – und erzielte in seinem erst dritten Bundesliga-Einsatz sein erstes Tor.
Und was für eines: In einem Heimspiel gegen Mainz eroberte der Joker Marco Reus im Mittelfeld den Ball, startete ein unnachahmliches Solo und tanzte schließlich auch Torhüter Christian Wetklo aus. Zum ersten Mal bekam ganz Deutschland zu sehen, welches Talent in den Reus’ Beinen steckt.
Reus, so schien es, war der passende Nachfolger von Marko Marin. Unter Lucien Favre wurde dem Toptalent eine Schlüsselrolle zuteil. Er bekam Freiheiten, die andere Spieler nicht hatten.
Die Fohlen profitieren ebenso davon wie Marco Reus: In 109 Einsätzen für Gladbach erzielte er 41 Treffer und gab 28 Assists. Die Saison 2011/12 beendete die Borussia auf dem vierten Tabellenplatz. Statt Abstiegskampf gab es am Niederrhein plötzlich die Aussicht auf Champions League.
2012 wurde Reus erstmals zu Deutschlands Fußball des Jahres gekürt. Nur wenige Jahre zuvor hatte er für RW Ahlen in der Regionalliga gekickt.
Kometenhafter Aufstieg führt zurück in die Heimat
Ein Buhlen zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund begann: Wer sichert sich Deutschlands Toptalent? Marco Reus entschied sich für seinen Heimatverein Dortmund. Für den damals frischgebackenen Meister und Titelverteidiger. Für Jürgen Klopp und das Ruhrgebiet. Dortmund überwies 17,1 Millionen Euro Ablöse nach Mönchengladbach – damals noch ein großer Haufen Geld.
Auf Anhieb entwickelte sich Reus beim BVB zur Schlüsselfigur. National gab es zwar kein Vorbeikommen am FC Bayern, der sich im Transferfenster mit einigen prominenten Namen – Javi Martinez oder Mario Mandzukic – verstärkt hatte. International spielte man jetzt aber ganz vorne mit.
Im Wembley-Stadion sollte es zum großen Finale kommen. Der Klassiker als Höhepunkt der Champions-League-Saison: die Bayern gegen Borussia Dortmund.
Wie die Geschichte endete, das ist heute Allgemeinwissen. Arjen Robben erzielte den entscheidenden Treffer, Dortmund verlor mit 1:2.
Der ewige Zweite
Reus beendete die Bundesliga-Saison nur auf Platz zwei, aber immerhin als zweitbester BVB-Torschütze (14 Treffer) nach Robert Lewandowski (24 Treffer). Ein Schema etablierte sich: Reus spielte stets herausragend, verpasste aber stets knapp die deutsche Meisterschaft.
Sechsmal wurde Marco Reus mit Borussia Dortmund bereits deutscher Vizemeister. Dass der große Wurf nie gelang, gelang manchmal auch an Reus selbst – oder, um genauer zu sein, an Reus’ wiederkehrendem Verletzungspech.
Ein treuer Begleiter: das Verletzungspech
Ganz im Unrecht dürfte der einstige Jugendtrainer Wazinski nicht gewesen sein. Nicht immer hielt sein Körper den enormen Belastungen des Profigeschäfts stand. So verpasste Marco Reus auch die erfolgreiche Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Zuletzt konnte er auch in Katar nicht dabei sein (was ihn vielleicht weniger wurmt).
Häufig machte das Sprunggelenk Probleme, noch häufiger litt Marco Reus unter muskulären Problemen. Seine Fähigkeit, auf engstem Raum geniale Entscheidungen zu treffen und sein einzigartiges technisches Talent machten ihn zu einem der vielleicht besten Spieler Deutschlands im 21. Jahrhundert. Und zu einem Leistungsträger beim BVB.
Sein gläserner Körper machte ihn aber in wichtigen Saisonphasen zu einem schmerzlich vermissten Offensivelement beim BVB. Im Finale des DFB-Pokals 2017 zog sich Marco Reus einen Kreuzbandriss zu – in der darauffolgenden Saison wurde der FC Bayern wieder einmal Meister, Erzrivale Schalke landete auf dem zweiten Platz.
Noch ist die Sammlung nicht komplett
Dreimal (2011/12, 2013/14, 2018/19) wurde er von der Bundesliga als Spieler der Saison ausgezeichnet. Zweimal (2016/17 und 2020/21) konnte Reus den DFB-Pokal gewinnen. Außerdem stehen drei Siege im DFB-Superpokal zu Buche (2013/14, 2014/15, 2019/20). Im Jahr 2019 wurde der 48-fache Nationalspieler zum zweiten Mal nach 2012 zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt.
Keine Frage, Marco Reus hat aus einer Karriere mit miesen Startbedingungen das Beste herausgeholt. Und doch fehlt Marco Reus ein ganz großer Titel in seiner Sammlung. Die deutsche Meisterschaft. Am Samstag könnte es aber soweit sein. Endlich. Gewinnt der BVB das Heimspiel gegen Mainz 05 (15:30 Uhr, live auf Sky und in der Flashscore Audioreportage) ist das Ding durch.
Es mag Ironie des Schicksals sein, dass der Titel ausgerechnet in jener Saison gelingt, in welcher der einstige Führungsspieler und Kapitän zum Ersatzspieler degradiert wurde. Reus’ Anteil an dieser Meisterschaft – das ist jedem klar – wird dennoch riesig sein.
Denn er hat den Dortmundern mit seiner turbulenten, aber erfolgreichen Karriere ein mögliches Motto aufgezeigt: Beharrlichkeit zahlt sich aus. Niemand hat das so sehr vorgelebt wie Marco Reus. Wie passend, dass die schwarz-gelbe Legende erst kürzlich seinen Vertrag bis 2024 verlängert hat.