Heidenheims Europa-Märchen: "Alles ein Traum"
Holger Sanwald kann immer noch nicht fassen, dass sein kleiner 1. FC Heidenheim plötzlich auf der großen europäischen Bühne steht. "Ich war immer ein Visionär, auch ein Optimist, aber an den Europapokal habe ich als letztes gedacht", sagte der FCH-Vorstandschef - und lachte.
Zwar steht das größte Spiel der Vereinsgeschichte gegen den früheren Champions-League-Sieger FC Chelsea erst am 28. November bevor - doch schon der Start in die neue Ligaphase der Conference League gegen Olimpija Ljubljana am Donnerstag (18:45 Uhr/RTL+) elektrisiert den beschaulichen Klub von der Ostalb. "Wir wollen Europa zeigen, wer wir sind und was wir können", betonte Niklas Dorsch.
Für Sanwald, seit 30 Jahren für die Erfolgsgeschichte verantwortlich, ist dies "alles ein Traum, und uns ist natürlich auch klar, dass wir das vielleicht nur ein einziges Mal erleben", sagte der 57-Jährige der Frankfurter Rundschau und fügte fast ungläubig an: "Als wir in den 90er-Jahren noch in der Landesliga spielten, habe ich von der Verbandsliga geträumt, dann von der Regionalliga, später von der zweiten Bundesliga. Aber doch nicht vom Europapokal."
Zuletzt bei der Auslosung im mondänen Monaco habe er deshalb wieder gedacht: "Was machst du eigentlich hier?"
Match-Center: Heidenheim vs. Ljubljana
Schmidt: "Die Bundesliga hat Priorität"
In den Play-offs hatte sich der FCH gegen BK Häcken aus Schweden durchgesetzt und trifft nun neben Ljubljana und Chelsea zu Hause in der 15.000 Zuschauer fassenden Voith-Arena noch auf den FC St. Gallen. Auswärts geht es zu Istanbul Basaksehir, Hearts of Midlothian und dem Paphos FC.
Es sind besondere Abende für Heidenheim, den Überraschungsachten der vergangenen Bundesligasaison. Ob sich Trainer-Urgestein Frank Schmidt dafür in Schale wirft, wusste Sanwald nicht. "Ich weiß gar nicht, ob er einen Anzug hat", sagte er nur schmunzelnd. Schmidt ist seit 2007 Trainer des Klubs - und für Sanwald "unser herausragender Erfolgsfaktor, dass diese Geschichte wahr geworden ist. Dafür gibt es keinen Superlativ!"
Und Schmidt? Der bleibt bei der ganzen Euphorie rund um den Schlossberg gewohnt nüchtern. "Wir wollen unbedingt mit einem Sieg starten", sagte er. Zwar freue er sich "total, das ist mein erstes Mal, im Prinzip für die ganze Mannschaft - trotzdem bleibt es dabei: Die Bundesliga hat Priorität, wir wollen unbedingt die Klasse halten."
Dennoch: Er könne "den Jungs aus meiner Erfahrung mitgeben", sagte Mittelfeldspieler Dorsch, der für den FC Bayern schon in der Champions League und für Gent in der Europa League gespielt hat, "dass es absolut geile Spiele sind".