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Flashscore-Awards – Match: Trauma gegen Mainz – Dortmund verspielt die Meisterschaft

Anton Latuska
BVB-Profi Sebastien Haller war das Sinnbild für die dramatische Titelentscheidung im Mai 2023.
BVB-Profi Sebastien Haller war das Sinnbild für die dramatische Titelentscheidung im Mai 2023.AFP
Der Fußballgott in Gestalt der DFL schien den Dortmundern nochmal einen kleinen Finger in die Wunde legen zu wollen, als man für das letzte Spiel der Hinrunde der Saison 2023/24 ausgerechnet die Heimpartie gegen Mainz 05 auswählte. Jenes Mainz 05, gegen das man knapp sechs Monate zuvor die größte Enttäuschung der letzten Dekade erlebt hatte. Liebe BVB-Fans, wir können es euch nicht ersparen. Unser Flashscore-Spiel des Jahres ist die Partie Borussia Dortmund gegen Mainz 05 vom 27. Mai 2023.

Entkräftete BVB-Spieler mit dem Gesicht auf dem Rasen des Signal-Iduna-Parks, ein weinender Edin Terzic vor der kollektiv gelähmten Südtribüne. Die Bilder des Scheiterns in schwarz und gelb nach einem Nachmittag, der sich tief in die Seele all derer einbrennen sollte, die ihn miterlebt hatten. So auch Mittelfeldspieler Julian Brandt, der später sagte, er hätte noch wochenlang nach dem Spiel morgens die Augen aufgemacht und gedacht: "Scheiße!"

Die besondere Tragik des Tages begründet sich im Nachhinein vor allem darin, dass alles wie gemacht schien für einen Triumph der Westfalen: Seit über zehn Jahren musste man dem Rivalen aus München den Vortritt lassen, oft konnte man die Münchner ob des großen Punktevorsprungs nicht mal mit dem Uli Hoeneß-Gedächtnis-Fernglas noch erkennen. Doch dieses Jahr war alles anders.

Der BVB hatte nach der Weltmeisterschaft in Katar eine wahre Leistungsexplosion hingelegt und in 18 Spielen 14 Siege eingefahren, dazu nur eine einzige Niederlage kassiert. Vor dem letzten Spieltag war klar, dass ein Sieg gegen Mainz 05 reichen würde, für das es um nichts mehr ging. Bayern gastierte gleichzeitig in Köln und musste selbst gewinnen, um die Minimalchance aufrechtzuerhalten. 

Vorfreude in der Stadt – BVB-Meistertrikots bereits im Verkauf

In Dortmund war an diesem Samstag jedem Fan klar: Heute ist der Tag, an dem der BVB nach elfjähriger Wartzeit wieder deutscher Meister wird. Viele hatten ihre ältesten und feinsten Trikots herausgeholt, der mythische Borsigplatz war bereits in den frühen Vormittagsstunden in vorfreudiger Feierlaune. Selbst die Meistershirts waren bereits gedruckt und lagen in der ganzen Stadt zum Verkauf aus.

Im Stadion selbst herrschte bereits weit vor dem Spiel eine Anspannung, wie man sie zuletzt wohl in den ganz großen Champions League-Nächten wie beim spektakulären Comeback gegen den FC Malaga erlebt hatte. Schon das Aufwärmen der BVB-Profis konnte lautstärkemäßig mit der Stimmung in vielen Bundesliga-Stadien während des Spiels mithalten. Kurzum: Es war alles angerichtet und eigentlich hätte nichts schiefgehen dürfen.

Selbst als der BVB in den ersten Minuten die Kontrolle über das Spiel zu übernehmen versuchte und gleichzeitig die Nachricht über den Führungstreffer des FCB in Köln eintraf, machte sich kaum jemand in schwarz und gelb wirklich Sorgen. Dass man sein eigenes Spiel würde gewinnen müssen und keinen weiteren Ausrutscher der Bayern erwarten konnte, war in Dortmund ohnehin allen klar gewesen.

Mainz schockt den BVB in Halbzeit eins

Erste ernstere Zweifel kamen in der 15. Minute auf, als der Mainzer Innenverteidiger Andreas Hanche-Olsen eine Ecke am kurzen Pfosten ins Tor verlängerte. Ein Treffer, den er in dieser Form wohl in sehr vielen Versuchen sehr selten wieder so hinbekommen wird: Aus spitzem Winkel platzierte er seinen halbhohen Kopfball genau so, dass er an Sebastien Haller vorbei und neben Torwart Gregor Kobel ins Tor ging.

Der Schock: Mainz 05 führt früh mit 1:0 in Dortmund.
Der Schock: Mainz 05 führt früh mit 1:0 in Dortmund.Profimedia

"Okay, noch lange Zeit" – so konnte man die Gestik von Trainer Edin Terzic deuten, doch nach dem Gegentor fingen die Beine des BVB an zu schlottern. Nach einem Foul an Raphael Guerreiro im gegnerischen Strafraum entschied Schiedsrichter Marco Fritz nach VAR-Check zurecht auf Elfmeter. Sebastien Haller trat an und scheiterte an Nullfünf-Keeper Finn Dahmen.

Ausgerechnet Haller, der sich nach einer schweren Krebserkrankung zurückgekämpft hatte und gerade wieder zu seiner Form gefunden zu haben schien. Er vergab die Großchance zum Ausgleich, doch immer noch war viel Zeit auf der Uhr. Nur wenige Minuten später wurde Guerreiro von Aaron Martin im Strafraum erneut unsanft zu Fall gebracht, diesmal entschied der Unparteiische auf Weiterspielen – eine strittige Entscheidung.

Onisiwos Tor ins kollektive Dortmunder Gedächtnis

Und eine umso bitterere, als dass die Gäste aus Rheinhessen fast im Gegenzug das 0:2 erzielten. Eine Flanke von der linken Seite fand den Kopf von Karim Onisiwo, dessen Kopfball Gregor Kobel nur noch an den Innenpfosten lenken konnte, von da kullerte der Ball ins Tor. Jeder Fan der Schwarz-Gelben wird sich an dieses Tor und den rollenden Ball wie in Zeitlupe erinnern können. Es war einer dieser Momente, die an diesem Tag eine böse Vorahnung zuließen.

Karim Onisiwo (r.) legte gar das 2:0 für die Gäste nach.
Karim Onisiwo (r.) legte gar das 2:0 für die Gäste nach.AFP

Die Borussia versuchte vieles, doch musste mit einem Zwei-Tore-Rückstand in die Halbzeitpause. Bayern führte, somit war klar, es würde ein großes Comeback nach dem Seitenwechsel brauchen, um den Nachmittag zum Guten zu drehen.

Doch zunächst passierte das Gegenteil: Der BVB wackelte weiterhin und Mainz 05 konnte kontern, doch weder Jae-Sung Lee noch Karim Onisiwo konnten beste Chancen auf das 0:3 nutzen. Und so kam es, dass doch noch etwas Hoffnung aufkeimte: In der 69. Minute bediente der kurz zuvor eingewechselte Giovanni Reyna den Portugiesen Raphael Guerreiro, der in seinem letzten Einsatz für Schwarz-Gelb zum 1:2 einschoss.

Die schwarz-gelbe Hoffnung keimt – und versiegt

Mit diesem Tor war das Stadion angezündet und als dann zehn Minuten später die frohe Kunde vom Ausgleich der Kölner gegen den FC Bayern die Runde machte, glaubten einige doch an ein Happy End. Auf dem Platz lief der BVB weiter an, doch Mats Hummels und erneut Sebastien Haller ließen größte Möglichkeiten auf das 2:2 liegen. Es breitete sich das Gefühl aus, dass es an diesem Tag die Kölner würden richten müssen. Doch das taten sie nicht.

Der Anschlusstreffer von Raphael Guerreiro versprühte etwas Hoffnung für die Dortmunder.
Der Anschlusstreffer von Raphael Guerreiro versprühte etwas Hoffnung für die Dortmunder.AFP

Eine Minute vor dem Ende der regulären Spielzeit ging der Rekordmeister im Rheinland wieder in Führung, somit mussten zwei Tore in der Nachspielzeit her. Das wilde Anrennen und leidenschaftliche Spiel des BVB führte nur noch zum 2:2 durch Niklas Süle tief in der Extrazeit, doch mehr war nicht drin. Mitten hinein in einen Konter der Mainzer ertönte der Schlusspfiff des Schiedsrichters, in Dortmund herrschte Stille.

Einige der Spieler quälten sich zu Interviews, andere wollten möglichst schnell in den Katakomben verschwinden. Für prägende Figuren den Borussia wie Guerreiro oder Jude Bellingham war das letzte Spiel gleichzeitig wohl auch das traurigste ihrer Zeit in Dortmund.

Einige Kommentatoren prognostizierten Tage nach dem Drama, dass diese Niederlage (eigentlich war es ein Unentschieden) die Mannschaft zusammenschweißen und sie für die nächste Saison noch besser machen sollte. Mit dem Abstand von einem halben Jahr darf man konstatieren, dass das nicht der Fall war. Als neutrale Fußballfans sollten wir uns aber darüber freuen, nach Jahren der Eintönigkeit ein solches Herzschlagfinale geboten bekommen zu haben. Vielen Dank, lieber FSV Mainz 05 und vielen Dank, lieber BVB.

Zum Match-Center: Borussia Dortmund vs. Mainz 05