Bundesliga Vorschau: Es geht um die Champions League – Leverkusen empfängt Leipzig
Die Werkself bläst zum Angriff. Durch sechs Siege aus den letzten neun Partien rückte man bereits auf den sechsten Tabellenplatz vor – bei einem Sieg gegen RB Leipzig und etwas Schützenhilfe aus Freiburg würde man vorläufig bis auf vier Punkte an die Champions League-Plätze heranrücken.
Seit Xabi Alonso vergangenen Oktober das Zepter von Gerardo Seoane übernommen hat, geht es mit Bayer stetig bergauf. Nur die beiden Titelanwärter Bayer (55) und Dortmund (51) haben seit Alonsos Ankunft mehr Tore erzielt als Leverkusen (42). In der Bundesliga-Rückrunde hat man erst 13 Gegentreffer kassiert. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dem Basken gelang es, seine Weltklasse als Spieler auf die Trainerbank mitzunehmen.
Starke Entwicklung geht weiter
Das überzeugende 4:1 bei Union Saint-Gilloise und der damit verbundene Einzug ins Halbfinale der Europa League sind Sinnbild der gelungenen Transformation vom Krisenklub zur formstärksten Mannschaft Deutschlands. Sie gelang Alonsos Trainerteam durch eine kluge Politik der kleinen Schritte. Im Herbst stand der damals rekonvaleszente Florian Wirtz nicht zur Verfügung. Also forcierte man zunächst das schnelle Konterspiel, mit der rechten Flügelachse Moussa Diaby und Jeremie Frimpong als Prunkstück.
Auf dem Papier ist Frimpong ein Verteidiger. Auf dem Spielfeld ist er aber nur selten im Abwehrdrittel zu finden. Stattdessen agiert er als Flügelspieler mit zahlreichen offensiven Aufgaben. So kann Diaby häufiger in den Halbräumen aushelfen, so können beide ihr enormes Tempo ausspielen. Der Linksverteidiger – in der Regel Piero Hincapie oder Mitchell Bakker – ist hingegen stärker in der Defensive gefragt, wodurch sich aus einer 3-4-3-Grundordnung ein asymmetrisches 4-2-3-1 entwickelt.
Seit der Rückkehr von Florian Wirtz wurde das typische Bayer-Spiel um eine weitere Facette bereichert. Nicht jeder Spielzug führt in die Tiefe, es läuft nicht mehr alles über den rechten Flügel. Wirtz sorgt auf der Zehnerposition mit Traumpässen und Einzelaktionen für Entlastung. Xabi Alonso integrierte ihn erfolgreich in seine taktischen Überlegungen. Zudem gelang es dem Basken, sensible Spieler wie Odilon Kossounou, Sardar Azmoun und Exequiel Palacios taktisch wie mental auf die nächste Stufe zu heben – das macht ihn zum zurzeit vielleicht besten in Deutschland aktiven Trainer.
Er schaffte es, den Erfolg zurück nach Leverkusen zu bringen. Er schaffte es, eine verunsicherte Defensive zu stabilisieren. Und er gab der Transferpolitik von B04 endlich einen tieferen Sinn, in dem er die um hohe Ablösen verpflichteten Talente besser machte und ihren Marktwert folgerichtig steigerte. Anfangs noch stark auf die Geschwindigkeit einzelner Spieler angewiesen, beherrscht diese Mannschaft mittlerweile fast alle Künste: Man kann eigenen Ballbesitz verwalten, schnell den Weg zum gegnerischen Tor finden, hohe Bälle weg verteidigen...
Rose streut dem Gegner Rosen
Marco Rose hat also guten Grund, angespannt zu sein. Auf der Pressekonferenz betonte er mehrmals die Konterstärke der Werkself. Dass er am Sonntag (17:30 Uhr, live auf DAZN und in der Flashscore Audioreportage) auf den gelb gesperrten Linksverteidiger Raum verzichten muss, tut entsprechend weh. Der 31-jährige Marcel Halstenberg bringt altersbedingt nicht dasselbe Tempo wie die Diaby und Frimpong mit. Laut Bundesliga.de ist Bayers rechte Flügelachse in der Spitze 3 km/h schneller als Halstenberg.
Noch wollte sich Rose nicht in die Karten blicken lassen. Setzt er erneut auf Dreier- oder doch auf die gute alte Viererkette? Keine klare Antwort, das sei noch nicht entschieden.
Es ist jedenfalls anzunehmen, dass er die Dreiervariante bevorzugt. Josko Gvardiol als halblinker Innenverteidiger könnte dann vermehrt Halstenberg unterstützen, während Orban und Mo Simakan (wenn fit) die Zentrale absichern. Auch aus dem Mittelfeld muss die nötige Unterstützung kommen, um die mächtige Leverkusener Angriffsreihe dauerhaft in den Griff zu bekommen.
Da kommt es der steile Formanstieg von Amadou Haidara gerade richtig. Vor allem beim Auswärtssieg gegen Hertha BSC überzeugte er – vier Balleroberungen, zwei abgefangene Bälle, zwei geblockte Schüsse. Sein Tor zum entscheidenden 1:0 rundete das Bild ab. Der verletzungsbedingte Ausfall von Xaver Schlager ist so vorläufig vergessen. Auch beim insgesamt guten Auftritt im Heimspiel gegen Augsburg überzeugte der 25-Jährige.
Der knappe Endstand von 3:2 spiegelt die wahren Kräfteverhältnisse nicht wider. Leipzig präsentierte sich weiter verbessert. Timo Werner machte das wohl beste Spiel seit seiner Rückkehr vom FC Chelsea. Kevin Kampl gelang es, sich für die richtige Mischung aus Defensive und Offensive zu entscheiden. Dani Olmo findet nach viel Verletzungspech in den letzten Monaten allmählich zu seiner alten Form zurück.
Leipzigs Kader – das ist kein Geheimnis – verfügt über genügend Qualität, um auch Bayer in Bedrängnis zu bringen. Mut macht auch die Auswärtsbilanz gegen die Werkself: sechsmal war man bereits an der Wupper zu Gast. Dreimal gewann man dabei, dreimal spielte man Unentschieden. Das Hinspiel daheim entschieden die Roten Bullen 2:0 für sich. Klar ist, dass man mit einem Remis besser leben könnte als die Gastgeber. Von der Führungsebene wurde ein Platz unter den besten Vier als Saisonziel ausgerufen. Den gilt es nach besten Kräften zu verteidigen.
Zum Match-Center: Leverkusen vs. Leipzig
Teamnews: Rose muss sich in Verzicht üben
Xabi Alonso muss sich keine großen Sorgen machen, von den arrivierten Stammkräften sind alle Akteure fit. Florian Wirtz ist nach seinem Kreuzbandriss noch nicht ganz auf dem nötigen Fitnesslevel, um Woche für Woche 90 Minuten durchspielen zu können. Angesichts des kräfteraubenden Belgien-Ausflugs am Donnerstag könnte der junge Spielmacher anfangs auf der Bank sitzen.
Aufseiten Leipzigs sind die Sorgen etwas größer. Die Sperre von David Raum wurde bereits angesprochen. Christopher Nkunku wird mit Sicherheit zum Einsatz kommen, für einen Startelfeinsatz wird es aber nicht reichen, wie Marco Rose erklärt: "Eher für 30 bis 45 Minuten." André Silva hat im Training einen Schlag abbekommen und ist wie Mo Simakan fraglich. Auch nicht mit dabei sind Yussuf Poulsen (Wade) und Emil Forsberg (Krankheit).
Mögliche Aufstellungen:
Leverkusen (3-4-3): Hradecky – Kossounou, Tah, Tapsoba – Frimpong, Amiri, Andrich, Bakker – Diaby, Hlozek, Adli
Leipzig (3-4-3): Blaswich – Simakan, Orban, Gvardiol – Henrichs, Kampl, Haidara, Halstenberg – Szoboszlai, Werner, Olmo
Flashscore-Prognose: Kein Sieger
Die Stärken von Bayer Leverkusen sind augenscheinlich, doch das Spiel gegen Union Saint-Gilloise hat an den Kräften gezehrt. Es gelingt RB Leipzig, die Gastgeber größtenteils in Schach zu halten. Josko Gvardiol hat durch sein Tempo und seine Robustheit das richtige Gegenmittel für Diaby und Frimpong parat. Nach heiß geführten und eng gestalteten 90 Minuten steht es 1:1.