2. Liga: HSV zerlegt Hannover in sämtliche Einzelteile – Nürnberg mit Last-Minute-Ausgleich
Hamburger SV vs. Hannover 96 6:1
Der HSV tat sich gegen kompakt verteidigende Gäste zunächst schwer. Stefan Leitl hatte für volle Defensivpower entschieden und stellte mit Fabian Kunze und Max Besuschkow gleich zwei defensive Mittelfeldspieler ohne Anspruch auf Schöngeist auf. Obwohl Havard Nielsen seit elf Ligaspielen auf einen Treffer wartet, bekam er erneut das Vertrauen von Leitl zugesprochen. Die Aufgabe des Norwegers: Zusammen mit Beier und Schaub für Wirbel sorgen, die für ihre Fehleranfälligkeit berüchtigte Hamburger Defensive bei Kontern in Bedrängnis bringen.
Der Plan schien zunächst aufzugehen. Die Rothosen taten sich lange schwer und konnten ihre hohen Ballbesitzzeiten nicht in Torchancen ummünzen. Immer wieder versuchte man Bakery Jatta am rechten Flügel einzusetzen. Über den Gambier fiel dann auch der erste Treffer. In der 34. Minute attackierte er Derrick Köhn mit viel Nachdruck und leitete den Ball sofort weiter aus Reis – der Niederländer musste die Kugel nur noch zur Mitte bringen, wo Sonny Kittel zum ersten Mal in dieser Saison einnetzen konnte.
Noch vor der Pause stellte Laszlo Benes auf 2:0. Diesmal ging der Ballgewinn nicht von Jatta, sondern von Jonas Meffert aus. Benes hatte bei seiner Ballmitnahme zunächst Glück, beim Abschluss dann ganz viel Können. Traumhaft lupfte er das Spielgerät über Ron-Robert Zieler. Der Kapitän konnte nur noch ins Leere greifen (41.) – das abermals ausverkaufte Volksparkstadion tobte.
In Sicherheit durften sich die Gastgeber aber noch nicht wiegen. Es waren nur wenige Minuten im zweiten Durchgang absolviert – schon hätte Hannover fast aus Gleichstand gestellt. Derrick Köhn besserte seinen Fehler vor dem ersten Gegentor sehenswert aus. In Minute 52 hämmerte er den Ball direkt ins Kreuzeck. Auf all zu ausgelassenen Jubel verzichtete die einstige HSV-Nachwuchshoffnung. Zwei Minuten später verschätzte sich Noah Katterbach bei einer scharfen Flanke an den langen Pfosten. Heuer Fernandes konnte nur mit viel Mühe gegen Muroya retten.
Das Spiel blieb intensiv. Kittel traf gewissermaßen im Gegenzug die Latte. In der 59. Minute mähte Krajnc den aufgerückten Moritz Heyer um – unglücklicherweise im eigenen Strafraum. Schiedsrichter Florian Badstübner ließ sich von einem kurzem Check am VAR-Monitor überzeugen und zeigte zu Recht auf den Punkt. Benes ließ sich nicht bitten, verwandelte den Elfmeter eiskalt zum 3:1. Robert Glatzel erhöhte nach Katterbach-Flanke (65.) – Ransford-Yeboah Königsdörffer besorgte nur vier Minuten nach seiner Einwechslungen den nächsten Treffer (75.).
Der HSV feierte dann ein wahres Fußballfest, startete Angriff um Angriff. Die Gäste aus Niedersachsen wirkten nur noch wie zum Zuschauen verdammte Statisten. Königsdörffer gab in der 89. Minute auf Ludovit Reis ab. Der Hamburger Spielmacher besorgte den Endstand. Zumindest bis zum Samstagabendspiel in Heidenheim bleibt der HSV Tabellenzweiter.
1. FC Nürnberg vs. Karlsruher SC 1:1
Bevor noch der erste Krokus blühte, die Vögel zu zwitschern begannen und der Frühling in Deutschland einzog – befand sich der KSC in Topform. Zwischen dem 19. und 24. Spieltag blieb man ungeschlagen, feiert in sechs Spielen fünf Siege. Es hätte also genügend Grund gegeben, um der neuen Jahreszeit glücklich entgegenzulachen. Nichts da. Sportdirektor Kreuzer wurde ohne ersichtlichen Anlass entlassen, zudem soll er von seiner Entlassung durch die mediale Berichterstattung erfahren haben. Rasch wurde aus dem Glückskind KSC wieder ein Sorgenkind. So zumindest der oberflächliche Eindruck.
Dem Cheftrainer Christian Eichner und seiner Elf dürfte das Theater um Kreuzer relativ egal sein. Man hatte Nürnberg gut unter Kontrolle und wusste die fränkischen Konter in Halbzeit eins stets zu unterbinden. Wenn auch manchmal nur durch unfaire Weise: Marcel Franke machte seinen Geschwindigkeitsnachteil gegenüber Jens Castrop durch ein taktisches Foul wett, kassierte folgerichtig seine bereits neunte Gelbe Karte in dieser Saison (22.).
Im Angriff bewies Karlsruhe pure Effizienz. Der erste Schuss aufs gegnerische Tor ließ sogleich die Maschen zappeln. In der 26. Minute glich die Nürnberger Abwehr einem aufgeschreckten Hühnerhaufen, die Zuordnung war komplett abhandengekommen. Vindahl Jensen kam ohne Not aus seinem Kasten geeilt. Paul Nebel musste bloß zur Mitte abgeben, wo Mikkel Kaufmann bereitwillig sein 7. Saisontor erzielte.
Nürnberg blieb auch nach dem Seitenwechsel lange ideenlos. Über Eckbälle und Distanzschüsse kam man lediglich zu Halbchancen. Dieter Hecking wechselte eifrig durch, brachte unter anderem mit Mats Möller Daehli (28) und Johannes Geis (29) viel Erfahrung in die Partie. Keiner von Heckings Jokern wollte stechen. Die knapp 30.000 Zuseher im Max-Morlock-Stadion waren kaum zu besänftigen. Doch die Heimmannschaft gab den Kampf nicht auf. Und durchlebte ein wildes Wechselbad der Gefühle.
In der 86. Minute machten sich die Nürnberger Fans zunächst falsche Hoffnungen: Kwadwo Duah bugsierte den Ball hinter die Linie – der Ausgleich!? Nein. Brown stand beim Zuspiel zuvor klar erkennbar im Abseits. Bereits in der Anfangsphase hatte Duah vermeintlich getroffen. Nürnberg bäumte sich auf, reklamierte in der Nachspielzeit Elfmeter. Marcel Franke holte sich mit einer viel zu brutalen Grätsche Gelb-Rot ab (90.+4). Zudem wäre Torhüter Gersbeck ohnehin am Ball dran gewesen.
Der gefoulte Lohkemper überließ dem Unglücksraben Duah den Ball. Der Schweizer erzielte sein neuntes Saisontor – und viel wichtiger: den ersehnten Ausgleich. Die Heimmannschaft wollte die numerische Überzahl gar noch zum Siegestor nutzen, startete Angriff um Angriff. Das klappte nicht.
Weiterhin können sich die Clubberer nicht nachhaltig aus der Abstiegszone befreien. Lange Zeit ließ Nürnberg viel spielerische Qualität vermissen. Mit einem beherzten Spielstil erkämpfte man sich immerhin einen Punkt. Kein Sieg auf dem Papier, aber einer für die Moral. Im Abstiegskampf kann das Gold wert sein.
Eintracht Braunschweig vs. 1. FC Kaiserslautern 1:0
Eintracht Braunschweig hat im Abstiegskampf den Befreiungsschlag geschafft. Die Niedersachsen kamen im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern zu einem knappen Sieg. Anthony Ujah erzielte das erlösende Führungstor in Minute 76. Mit 29 Punkten kletterte Braunschweig auf den 13. Tabellenplatz und hat drei Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. Die Roten Teufel vom Betzenberg sind seit nunmehr fünf Spielen ohne Dreier.
In der Anfangsphase war Ujah immer wieder Ausgangspunkt von gefährlichen Aktionen der Eintracht. In der achten Minute konnte Ujah den Ball aus extrem spitzen Winkel nicht aufs Tor bringen. Drei Minuten später leistete er die Vorarbeit für Anton-Leander Donkor, der allerdings das gegnerische Tor knapp verfehlte.
Die Pfälzer mussten bis zur 37. Minute warten, ehe die erste gute Chance zustande kam. Marlon Ritter zwang mit gut getretenen Freistoß Ron-Thorben Hoffmann im Tor der Gastgeber zu einer Glanzparade. In der zweiten Halbzeit hatte die Eintracht optisches Übergewicht, konnte sich aber nur mehr wenige Torchancen erspielen. Erst Ujah erlöste die Gastgeber mit seinem Treffer.