Doll, Preuß und Probleme in der Loipe: Deutsche Biathleten vor ungewisser Zukunft
Im märchenhaften Winterwunderland von Canmore läutete Benedikt Doll frühzeitig seine Abschiedsparty ein. Mit weiteren Kollegen aus dem Biathlon-Zirkus stieß der letzte deutsche Weltmeister bereits vor seinem finalen Auftritt mit Champagner an, trotz des misslungenen Doppelpacks aus Sprint und Verfolgung grinste der Schwarzwälder beim gemeinsamen Gruppenfoto in die Kamera. Doch während Doll nach zwölf Jahren mit großer Vorfreude dem Karriereende entgegenblickt, blickt der Deutschen Skiverband (DSV) in eine Zukunft voller Fragezeichen.
Stark angefangen, stark nachgelassen - so lässt sich der lange Winter aus deutscher Sicht zusammenfassen. Nach dem überragenden Saisonauftakt der DSV-Mannschaft in Östersund mit zwei Siege sowie dem Gelben Trikot bei den Männern und Frauen, verschlechterten sich die Ergebnisse in den folgenden Monaten. Nach der enttäuschenden WM in Nove Mesto ging im letzten Trimester nicht mehr viel.
Wer führt die deutschen Herren zukünftig an?
Umso wichtiger für die nächste Saison wäre da ein Aushängeschild wie Doll. Dieser könne laut eigener Aussage "ja weitermachen, wenn meine Motivation noch da wäre" - ist sie aber nicht. Und so muss sich der Verband Gedanken machen, wie er diese Lücke schließen will. Es ist nur eine von mehreren Baustellen.
Noch ist unklar, wer die freigewordene Stelle des "Anführers" übernehmen kann. Das zeigten erneut die Ergebnisse in Sprint und Verfolgung in Kanada. Schwächelt Doll am Schießstand, können seine Teamkollegen den deutschen Platz in der Weltspitze nur selten übernehmen. Der Rückstand zu den alles überragenden Norwegern um Johannes Thingnes Bö ist oft gewaltig.
Dabei ist das Potenzial bei Philipp Nawrath, Justus Strelow und Co. vorhanden. Doch die immer wieder indiskutablen Leistungen in der Loipe bereiteten der Mannschaft und den Technikern in diesem Winter immer wieder Kopfschmerzen. "Das müssen wir uns definitiv anschauen", erklärte DSV-Sportdirektor Felix Bitterling in Canmore: "Auf der Strecke waren wir nicht in der Lage, dagegenzuhalten." Der elfte Platz von Nawrath im Jagdrennen sei "nicht der Anspruch" des früher erfolgsverwöhnten deutschen Teams.
Hoffnung auf Preuß-OP
Bei den Frauen präsentierte sich ein ähnliches Bild. Im ersten Jahr nach dem Abgang von Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick übernahm Franziska Preuß nach ihrer gesundheitlichen Zwangspause schnell die Führung - bevor sie weitere Krankheiten immer wieder im Weltcup ausbremsten.
Ein kleiner chirurgischer Eingriff soll Besserung versprechen. Preuß selbst spüre nun "irgendwie Hoffnung", an ein Karrierende denkt sie nicht. "Wenn ich gesund und fit bin, bin ich in der Lage vorne mitzukämpfen", betonte Preuß im ZDF. Doch die Zweifel bleiben zunächst bestehen.
Zumindest die guten Leistungen der jungen DSV-Athletinnen stimmen positiv. Die erst 19 Jahre alte Selina Grotian lieferte zum Ende der Saison immer konstantere Leistungen, aus dem Nachwuchs drängen Johanna Puff, Doppel-Juniorenweltmeisterin Julia Kink und Julia Tannheimer immer mehr in das Aufgebot. Es wird sich bald zeigen, ob sie den nächsten Schritt gehen können.