Do or Die: Deutschland gegen Costa Rica zum Siegen gezwungen
Costa Rica, Sommermärchen, WM-Eröffnung, Philipp Lahm. Es sind schöne Erinnerungen, die deutsche Fans beim Gedanken an den letzten Gruppengegner haben dürften. Damals, 2006, gewann die DFB-Elf mit 4:2 gegen den Gegner aus Mittelamerika und läutete ein euphorisches Turnier ein, an dessen Ende ein spektakulärer dritter Platz stand. Tatsächlich war dieser Sieg das einzige Aufeinandertreffen von Deutschland und Costa Rica bisher - und seitdem hat sich viel gerändert.
Costa Rica war bei drei von vier großen Turnieren dabei, überzeugte insbesondere 2014 in Brasilien, wo man erst im Viertelfinale an den Niederlanden scheiterte. Die deutsche Mannschaft steht mit einem Punkt nach zwei Spielen vor dem zweiten WM-Gruppenphasen-Ausscheiden in Folge. Dass das noch nicht Realität ist, liegt vordergründig an Keysher Fuller. Der costa-ricanische Außenverteidiger hielt die DFB-Elf mit seinem Siegtreffer im Parallelspiel gegen Japan im Turnier.
Wer weiß? Vielleicht sehen wir in einigen Jahren Keysher-Fuller-Plätze in deutschen Kleinstädten, wenn die deutsche Mannschaft gegen alle Erwartungen den Titel in Katar holt. Dafür dürfen die Costa-Ricaner diesmal allerdings nicht so effizient sein wie im bisherigen Turnierverlauf.
Um zum dritten Mal in der Verbandsgeschichte in eine WM-K.O.-Runde einzuziehen, braucht Costa Rica mindestens ein Unentschieden gegen Deutschland. Immerhin sechs der letzten elf Spiele gegen europäische Gegner haben die "Ticos" bei Weltmeisterschaften nicht verloren, 2014 schlug Costa Rica sogar Italien mit 1:0 und beförderte die "Squadra azzura" letztlich aus der WM.
Sechs der Spieler aus der damaligen Mannschaft sind auch bei dieser WM wichtige Stützen, die Mannschaft hat also die nötige Erfahrung. Die Statistiken sprechen allerdings gegen Costa Rica: Mit nur einem Schuss aufs Tor in 180 Minuten und einem xG-Wert von 0,11 sind sie eine der offensivschwächsten Mannschaften des Turniers. Wie gegen Japan werden die Mittelamerikaner klar über sich hinauswachsen müssen, um gegen Deutschland zu bestehen.
Die DFB-Elf gilt als hoher Favorit im Spiel, auch weil sie sechs von acht Duellen gegen Teams aus der CONCACAF-Region bei Weltmeisterschaften gewonnen haben. Doch die aktuelle Form lässt Zweifel aufkommen: Abgesehen davon, dass es auch 2018 eine Niederlage gegen einen mittelamerikansichen Gegner gab (0:1 gegen Mexiko), hat die Nationalmannschaft zum zweiten Mal in der WM-Geschichte die beiden ersten Spiele nicht gewonnen (zuletzt unter Sepp Herberger).
Im Vergleich zur Partie gegen Spanien ist am Donnerstag ab 20 Uhr im al-bayt Stadium eine andere Dynamik absehbar: Die 35,9% Ballbesitz gegen die Iberer sind einer der niedrigsten Werte der deutschen WM-Geschichte - gegen Costa Rica wird das Team von Hansi Flick häufig den Ball bekommen und eine massive Abwehr bespielen müssen. Von den letzten acht Pflichtspielen hat die Nationalmannschaft nur eins gewonnen, am Donnerstag muss zwingend ein weiteres dazukommen.
Das Personal: Costa Rica
Trainer Luis Fernando Suarez stellte nach dem heftigen 0:7 gegen Spanien am ersten Gruppenspieltag von einer Viererkette auf eine Fünferkette gegen Japan um. Seine Veränderung fruchtete, Costa Rica stand deutlich sicherer, auch wenn nach vorne so gut wie nichts ging. Trotzdem muss der kolumbianische Trainer einen Wechsel vornehmen, denn Innenverteidiger Francisco Calvo, unser Man of the Match im Spiel gegen Japan, fehlt gelbgesperrt. Für ihn sollte der junge Daniel Chacon ins Spiel kommen, der in den USA spielt. Ansonsten ist davon auszugehen, dass der Coach nichts an der Statik des Teams ändert.
Falls er doch neue Impulse setzen will, könnte der junge Jewison Bennette vom AFC Sunderland auf dem linken Flügel hereinkommen. Da das aber eine offensivere Spielweise mit sich bringen würde, gehen wir nicht von einer Veränderung aus. Viel wird wie immer von Star-Torwart Keylor Navas abhängen, der nach einem fehlerhaften Auftritt bei der Niederlage gegen Spanien in der Partie gegen Japan starke Paraden zeigte.
Voraussichtliche Aufstellung von Costa Rica:
Navas - Oviedo, Waston, Duarte, Chacon, Fuller - Campbell, Tejeda, Borges, Torres - Contreras
Das Personal: Deutschland
Hansi Flick scheint rechtzeitig zum Spiel gegen Spanien seine Elf für dieses Turnier gefunden zu haben. Die Viererkette wirkte nach der Hereinnahme von Thilo Kehrer deutlich konzentrierter, Niklas Süle spielte die Position, die er gelernt hat. Die Umstellung auf drei kompaktere zentrale Mittelfeldspieler hat das Team gegen Spanien deutlich stabilisiert, daher wäre es eine Überraschung, wenn der Bundestrainer gegen Costa Rica wieder auf einen klassischen Zehner setzt. Damit bleiben nur noch die drei offensiven Positionen vakant.
Gegen Spanien begannen die drei Bayern-Spieler Musiala, Müller und Gnabry, doch alle drei konnten nicht restlos überzeugen. Gerade Serge Gnabry und Thomas Müller sind durchaus Kandidaten für einen Wechsel, denn sowohl Leroy Sané als auch Niclas Füllkrug waren am entscheidenden Ausgleichstreffer beteiligt und haben sich nach ihrer Einwechslung aufgedrängt. Gegen die körperlich starken Mittelamerikaner könnte Flick dementsprechend auf einen klassichen Neuner setzen und dem Bremer zu seinem DFB-Startelfdebüt verhelfen.
Voraussichtliche Aufstellung von Deutschland:
Neuer - Raum, Rüdiger, Süle, Kehrer - Kimmich, Goretzka, Gündogan - Musiala, Füllkrug, Gnabry