Finale des World Matchplay: Weltmeisterlicher Jubel oder van Gerwens vierter Streich?
Luke Humphries begann seinen Weg ins Finale am vergangenen Samstag mit einem 10:4-Auftaktsieg gegen Deutschlands Nummer 3, Ricardo Pietreczko. Schon früh war klar: „Cool Hand Luke“ ist mit dem klaren Ziel des Titels nach Blackpool gereist. Ein Average von 108,76 – dem höchsten seit 2021 – gepaart mit der Checkout-Quote von knapp 59 Prozent ist schlicht Weltklasse.
Der Weltmeister und Weltranglistenerste hielt sein Niveau das gesamt Turnier. Es folgten drei weitere Averages über 100, wobei die 100,64 im Halbfinale gegen James Wade seine „schlechteste“ Scoring-Leistung des Turniers war. Und auch seine Checkout-Quote bleibt hervorragend: 39%, 46% und 40% waren seine Trefferbilder in den drei vergangenen Matches.
Humphries hat seine Form genau rechtzeitig wiedergefunden, nachdem die letzten Wochen des Engländers nicht auf dem Level waren, die der 29-Jährige spielen kann: Erstrundenaus beim European-Tour-Event in Leverkusen, Zweitrundenaus beim Poland Darts Masters und kein Finale seit der Premier League am 23. Mai.
Ein Schritt näher an „The Power“
Viele Rekorde hat Michael van Gerwen Phil Taylor bereits abgenommen, viele weitere könnten noch dazukommen – doch zum Rekordsieger des World Matchplays fehlt noch einiges. Ganze 16-mal gewann „The Power“ in Blackpool, während van Gerwen mit seinen drei Erfolgen „nur“ der zweitbeste Spieler der Turnierhistorie ist. Ein vierter Turniersieg wäre aber zumindest ein weiteres Kapitel in der unfassbaren Karriere des Niederländers.
Als Nummer 2 der Welt genoss van Gerwen in der ersten Runde einen gesetzten Platz, der die Top-Spieler voneinander trennen sollte. Doch einer der aktuell besten Spieler der Welt, ist noch nicht lange genug auf der Tour gewesen, um sich einen solchen Platz zu sichern – und wurde direkt dem niederländischen Dominator zugelost. Luke Littler, WM-Finalist im Winter, Premier-League-Sieger, zwei Siege auf der European Tour, zwei Siege auf der World Series – keiner war in 2024 bisher erfolgreicher. Schlimmer hätte es für van Gerwen also nicht kommen können.
Doch „Mighty Mike“ kennt die Bühne, kennt den Empress Ballroom und vor allem seinen Gegner, gegen den er zum bereits zehnten Mal in 2024 spielte. Trotz ebenfalls guter Leistung des jungen Engländers, konnte van Gerwen mit 10:6 eine Runde weiter kommen.
Es folgten Siege über Joe Cullen, Andrew Gilding und Michael Smith, doch was fehlte, war diese klare Dominanz, die den „MVG“ über Jahre zu einem der gefürchtetsten Gegnern der Welt machte. Den 100er-Average knackte er nach der ersten Runde nicht mehr und die alte Doppelschwäche, die ihm immer wieder Probleme bereitet, kam wieder. Zuletzt blieb er zweimal bei unter 30 Prozent auf den Doppelfeldern.
Wer wird World-Matchplay-Sieger 2024?
Auf dem Papier ist es das erwartete Top-Finale geworden: Der amtierende Weltmeister gegen den dreimaligen Weltmeister. Der Weltranglistenerste wird vom Weltranglistenzweiten gefordert. Der wohl beste Spieler der vergangenen anderthalb Jahre fordert den Dominator des letzten Jahrzehnts.
Doch in Blackpool klaffte bisher eine große Lücke zwischen den beiden. Während Humphries seine Siege klar und überzeugend einfuhr und dabei auch noch überragendes Darts spielte, hatte van Gerwen häufig das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite. Außer Littler konnte keiner seiner Gegner wirklich mit seinem Spiel mithalten. Cullen und Smith blieben gar bis spät im Match am Niederländer dran und drängten ihrerseits auf ein Weiterkommen.
Sich kampflos ergeben will van Gerwen aber dennoch nicht: "Luke ist ein großartiger Spieler, der in letzter Zeit wirklich gut gespielt hat, also muss ich ihn morgen in die Schranken weisen."
Das bisher Gezeigte spricht klar für den Engländer, doch Finals bleiben eine spezielle Situation. Es kommt auf die Nerven an, die Erfahrung und die Kühle im Kopf. Van Gerwen hat besonders von der Erfahrung reichlich: 63 Major-Finals hat „Mighty Mike“ unter seinem Namen stehen, wovon er ganze 47 gewann. Auch in den Winter Gardens, mit seiner speziellen Atmosphäre aufgrund der kurzen und breiten Form der Zuschauerränge, stand der 35-Jährige viermal im Finale – nur 2014 verlor er gegen Taylor.
Und Humphries? Dessen Erfahrung ist mit der des Niederländers nicht zu vergleichen. Von seinen sieben Major-Finals gewann er war vier, aber dass ihn die Gegebenheiten beim World Matchplay, wo er erstmals im Finale steht, stressen, zeigte er im Viertelfinale gegen Dimitri Van den Bergh. Der Engländer war schweißgebadet, hantierte mit zwei Handtüchern gleichzeitig und klagte dennoch mehrfach darüber, dass ihm die Darts aus den Fingern rutschten.
Ein bisschen Anspannung bringt sich der Mann aus Newbury aber zusätzlich selbst mit: "Ich freue mich sehr auf das Finale, meine Familie wird kommen, also wird es ein weiteres stolzes Ereignis für mich sein."
Es bleibt abzuwarten, wer am Ende die Phil Taylor Trophy in die Höhe stemmen darf. Setzt sich die hohe Klasse und starke Form von Luke Humphries durch oder siegt doch die unfassbare Erfahrung von Michael van Gerwen – ein Klasse-Duell darf erwartet werden.
Zum Match-Center: Luke Humphries vs. Michael van Gerwen