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Darts-WM Vorschau Tag 3: Rückkehr für Altmeister Burnett, Premiere für Youngster "Rocky"

Anton Latuska
Darts-WM Vorschau Tag 3: Rückkehr für Altmeister Burnett, Premiere für Youngster "Rocky"
Darts-WM Vorschau Tag 3: Rückkehr für Altmeister Burnett, Premiere für Youngster "Rocky"Profimedia
Am dritten Tag der Darts-WM im Alexandra Palace kommen in der Vormittagssession Retro-Gefühle auf: Simon Whitlock und Richie Burnett erinnern an die guten, alten Zeiten in engen, verrauchten Venues. Am Nachmittag kommt die Weltmeisterschaft dann voll im Hier und Jetzt an, denn mit Josh Rock startet einer der spannendsten jungen Spieler auf der Tour ins Turnier.

 

Nachmittags-Session

Martin Lukeman v. Nobuhiro Yamamoto

Als Spätstarter ist der 37-jährige Martin Lukeman zum ersten Mal bei der Weltmeisterschaft dabei. Lange Zeit bewegte er sich in seiner Karriere auf halbprofessionellem Niveau, bis er sich 2021 eine Tourcard sicherte. Bei den dadurch erreichten Turnieren machte er durchaus auf sich aufmerksam und konnte unter anderem beim World Grand Prix ins Viertelfinale einziehen, dort scheiterte er erst an Nathan Aspinall. "Smash", der zwischenzeitlich sogar auf die Qualifikation über die Order of Merit hoffen konnte, freut sich nach eigener Aussage auf die Atmosphäre im Alexandra Palace. Sein Charakter am Oche könnte durchaus zum begeisterungsfähigen Publikum passen, lässt er doch hin und wieder seinen Emotionen freien Lauf.

Sein Gegner Nobuhiro Yamamoto ist international ein weitesgehend unbeschriebenes Blatt. Obwohl er bereits seit mehr als zehn Jahren Darts spielt, bewegte er sich dabei meistens auf regionalem Niveau in Japan. Umso überraschender kam es, dass der 45-Jährige sich bei den PDJ Japanese Championship im Sommer dieses Jahres durchsetzte und sich somit für die Weltmeisterschaft qualifizierte. Interessant ist das Duell auch aus deutscher Sicht, denn der Sieger der Partie zwischen "Smash" und "Ortega" trifft in der zweiten Runde auf die deutsche Nummer zwei Martin Schindler.

Simon Whitlock v. Christian Perez

Als eine der festen Größen auf der PDC-Tour ist der Australier Simon Whitlock bereits seit vielen Jahren auf der großen Darts-Bühne dabei. Während er immer noch der beste australische Spieler ist und den Sport in seinem Land quasi im Alleingang bekannt machte, flachte seine Leistungskurve in den vergangenen Jahren doch deutlich ab. Erreichte er 2010 noch das Finale und unterlag dort nur dem Großmeister Phil Taylor, reichte es in den vergangenen Jahren nur noch selten für größere Erfolge auf PDC-Niveau. In diesem Jahr war sein größter Erfolg die Team-Weltmeisterschaft mit Australien beim World Cup of Darts in Frankfurt. Ob "The Wizard" dieses Niveau auch im Einzel bestätigen und im Alexandra Palace zaubern kann, muss er am Samstagnachmittag beweisen.

Favorit im Spiel gegen Christian Perez: Der australische Routinier Simon Whitlock.
Favorit im Spiel gegen Christian Perez: Der australische Routinier Simon Whitlock.Profimedia

Und das gegen den Phillipiner Christian Perez. Der 40-Jährige, der die Halle mit seinem Einlaufsong "Give Me Everything" von Pitbull ordentlich anheizen wird, ist bereits zum vierten Mal im Alexandra Palace dabei und gilt als der momentan beste Dartspieler aus Asien. Ob das gegen den erfahrenen Whitlock reicht, darf dennoch bezweifelt werden. Auch das letzte Aufeinandertreffen der beiden gibt kaum Grund zum Optimismus für Perez: Erst im November verlor er beim Grand Slam of Darts mit 3-5 gegen den Australier.

Adam Gawlas v. Richie Burnett

Adam Gawlas ist das größte Dartstalent in Tschechien. Der 20-Jährige aus der 4.000-Seelen-Gemeinde Navsi im äußersten Osten des Landes ist erst seit diesem Jahr professionell auf der Tour unterwegs und hat sich über die Pro Tour das Ticket für den Alexandra Palace gesichert. Bei seinem Debüt auf der großen Bühne in London will "Flawlas" zeigen, dass die Viertelfinalteilnahme beim diesjährigen European Tour-Event in Tschechien in diesem Jahr keine Eintagsfliege war. Im direkten Vergleich mit seinem heutigen Gegner unterlag Gawlas erst vor knapp zwei Monaten mit 3:6, am Oche des "Ally Pally" sinnt Gawlas auf Revanche.

Dabei heißt sein erster Gegner Richie Burnett. Einen der erfahrensten Spieler auf der Tour, der in grauer Vorzeit bereits BDO-Weltmeister war und bei der PDC-WM immerhin zweimal das Viertelfinale erreichte. Doch diese Erfolge sind lange her, zum letzten Mal in den höheren Runden stand der "Prince of Wales" 2014 und schied dort im Achtelfinale gegen Ian White aus. 2015 folgte dann sogar eine Doping-Sperre, was die Karriere des 55-Jährigen kurzzeitig zum Erliegen brachte. Im vergangenen Jahr kämpfte er sich aber gegen viele Widerstände zurück und sicherte sich über den PDPA-Qualifier seinen Platz im Alexandra Palace. Findet Burnett auch nur annähernd zu alter Leistungsfähigkeit zurück, dürfen sich die Zuschauer auf einen kompletten und unheimlich unterhaltsamen Spieler freuen, der an seinem Tag jedem Gegner gefährlich werden kann. Geschichten von Aufstieg und Fall lieben sie in England, dementsprechend dürfte Burnett zumindest die Unterstützung der Fans sicher sein.

Daryl Gurney v. Alan Soutar

Handbuch zum Thema "Wie mache ich mich bei Darts-Fans beliebt?", Kapitel 1: Wähle "Sweet Caroline" als Einlaufsong aus. In diesem Sinne hat Daryl Gurney schon mal alles richtig gemacht, dementsprechend dürfte die Halle bei seinem ersten Auftritt bei der diesjährigen WM beben. Der Nordire ist auch abseits seines Musikgeschmacks ein bekannter und beliebter Name auf der Tour, hat er doch bereits den World Grand Prix und die Players Championships gewonnen. Auf dem Floor stand er auch Ende November 2022 in den Finals, scheiterte dort aber bereits in der zweiten Runde an Dirk van Duijvenbode. Bei der Weltmeisterschaft stehen für "Superchin" bisher zwei Viertelfinalteilnahmen 2017 und 2021 zu Buche, damals musste der Nordire jeweils gegen die späteren Sieger Michael van Gerwen und Gerwyn Price die Segel streichen. In diesem Jahr geht Gurney nach einer längeren Formdelle nur noch als Nr. 24 der Setzliste ins Rennen, trotzdem muss man ihn aufgrund seiner Erfahrung immer auf der Rechnung haben.

Einer, der auf der Bühne immer für Entertainment sorgt:
Einer, der auf der Bühne immer für Entertainment sorgt: Profimedia

In der ersten Runde trifft er auf den Schotten Alan Soutar. Der 44-jährige Soutar war im vergangenen Jahr einer der Überraschungsmänner der Weltmeisterschaft, als er Diogo Portela, Mensur Suljovic und José de Sousa ausschaltete. Erst im Achtelfinale war Schluss für "Soots", der als zäher und mental starker Gegner gilt. In der Erstrundenpartie gegen den Australier Mal Cuming hatte Soutar gar keine Probleme, mit Gurney wartet nun eine deutlich anspruchsvollere Aufgabe auf ihn.

Abend-Session

Ryan Meikle v. Lisa Ashton

Im letzten Jahr hatte es Ryan Meikle in der ersten Runde mit dem deutschen Qualifikanten Fabian Schmutzler zu tun, mit diesem hatte er keine Mühe. Durch den Sieg in Runde eins eroberte sich der 26-jährige Engländer die Tourcard, auf der Pro Tour konnte er im laufenden Jahr einmal das Halbfinale erreichen. Die diesjährige Weltmeisterschaft könnte der Durchbruch für Ryan Meikle werden, um den Sprung vom jungen Talent zu den ersten Erfolgen auf der großen Bühne zu machen. Dafür will der gelernte Friseur, der den passenden Spitznamen "The Barber" trägt, die schwache Form der vergangenen Wochen wettmachen, als er sowohl bei den Players Championships als auch beim Grand Slam of Darts jeweils in der ersten Runde ausschied.

Ein gutes Omen könnte dabei die Gegnerin sein, denn Lisa Ashton hat ihr einziges bisheriges Duell gegen Ryan Meikle vor eineinhalb Jahren verloren. Ashton, eine der erfolgreichsten Darterinnen aller Zeiten, steht bei dieser Ausgabe vor ihrer vierten WM-Teilnahme. Die Erfolge aus der Damen-Konkurrenz, in der sie unzählige Titel sammelte (unter anderem ist sie viermalige BDO-Weltmeisterin), konnte "The Lancashire Rose" bisher noch nicht auf die Auftritte im Alexandra Palace übertragen, schied sie doch bei allen Teilnahmen jeweils in der ersten Runde aus. Im vergangenen Jahr gab es gegen Ron Meulenkamp ein glattes 0:3, in diesem Jahr soll es für sie als eine von drei Frauen im Feld gegen ihren englischen Landsmann Meikle besser laufen.

Cameron Menzies v. Diogo Portela

Mit 17 hat der Schotte Cameron Menzies mit dem Dartspielen angefangen, zuvor hatte er eine mögliche Fußballerkarriere verfolgt. Als sich diese als nicht besonders vielversprechend herausstellte (Info für Feinschmecker: Menzies spielt auch weiterhin in der neunten schottischen Liga als Torwart bei Lugar Boswell Thistle), schwenkte er um auf den Dartssport und feierte ab 2017 erste Erfolge. So stehen acht Achtelfinalteilnahmen auf der Pro Tour sowie eine Viertelfinalteilnahme auf der European Tour zu buche. Im Alexandra Palace ist der 33-Jährige in diesem Jahr das erste Mal dabei. Falls er Tipps für den richtigen Umgang mit den Zuschauern im "Ally Pally" braucht, kann er bei seiner Lebensgefährtin Fallon Sherrock nachfragen. Die 28-Jährige verwandelte seit ihrem Debüt 2019 den Alexandra Palace regelmäßig zu einem Tollhaus und trifft in diesem Jahr in ihrem Spiel am Dienstag auf Ricky Evans.

Als Nummer 84 der Weltrangliste geht Menzies sogar als leichter Favorit gegen seinen Kontrahenten Diogo Portela ins Rennen, obwohl dieser ihn beim bisher einzigen Vergleich klar schlagen konnte. Der Brasilianer ist der beste und einzige professionelle Dartspieler aus seinem Heimatland und konnte sich erneut über das südamerikanische Qualifikationsturnier für die Weltmeisterschaft qualifizieren. Der 34-Jährige hat seinen Lebensmittelpunkt inzwischen nach England verlagert, um sich noch mehr auf seine Karriere konzentrieren zu können, immerhin sprang schon eine Achtelfinalteilnahme auf der Pro Tour heraus. Bei der WM konnte er bislang nur ein einziges Spiel gewinnen, und zwar im Jahr 2020 gegen Steve Beaton. Das zu wiederholen ist der Ansporn vom "Braziliant".

Josh Rock v. José Justicia

Mit großer Spannung erwarten die Dartsfans den ersten Auftritt von Josh Rock im Alexandra Palace. Nachdem der 21-Jährige sich 2021 eine Tour Card sicherte, spielte er sich 2022 in alle Notizbücher. Der aktuelle Junioren-Weltmeister gewann nicht nur ein Pro Tour-Event, sondern erreichte auch zweimal das Achtelfinale bei PDC-Majors. Beim diesjährigen Grand Slam of Darts gelang "Rocky" im Achtelfinale gegen Michael van Gerwen gar ein Neundarter, trotzdem musste er sich dem niederländischen Star am Ende beugen. Der Nordire, der momentan auf Rang 47 der Order of Merit gelistet ist, will bei seiner ersten Weltmeisterschafts-Teilnahme endgültig der Welt zeigen, welches Potenzial in ihm steckt.

In seinem ersten Spiel im Alexandra Palace bekommt es Rock dabei mit dem Spanier José Justicia zu tun. "The Joker" ist kein Spieler, der durch hohe Averages auf sich aufmerksam macht oder der Gegner an die Wand spielen kann, aber als Auftaktmatch bei einer WM ist für Rock wohl kaum ein unangenehmerer Kontrahent vorstellbar. Der 33-jährige Spanier schafft es immer wieder, mit kleineren Psychospielchen in den Kopf des Gegners zu gelangen. Oft ändert er mitten im Spiel den Rhythmus, um den Gegenüber aus der Fassung zu bringen, manchmal fliegen auch Worte. Höhepunkt war sicher die Auseinandersetzung mit Adrian Lewis im Jahr 2018, als Justicia Lewis so lange belagerte, bis dieser ihm ins Gesicht pikte und ihn am Hals packte. Ähnliche Einlagen sind im WM-Erstrundenmatch gegen Newcomer Rock nicht zu erwarten, ein Spaziergang wird das Spiel für den Nordiren aber sicher nicht.

Dimitri van den Bergh v. Lourence Ilagan

Zweimal stand Dimitri van den Bergh bereits im Viertelfinale der Darts-WM, zuletzt 2020, als er an Nathan Aspinall scheiterte. Nach einem kleinen Tief bis Mitte des Jahres 2022 hat sich der Belgier wieder gefangen und dürfte in guter Form nach London kommen. Mit vielen Halbfinalteilnahmen und sogar einem Sieg im World Matchplay 2020 ist van den Bergh den Titel des Talents längst los und ist ein gestandener Spieler auf der Tour. "The Dreammaker" dürfte überdies motiviert sein, auch bei der WM wieder sein wahres Gesicht zu zeigen, nachdem er bei der vergangenen Ausgabe am Deutschen Florian Hempel scheiterte.

Hat sich nach zwischenzeitlicher Schwächephase zurückgekämpft: Der Belgier Dimitri van den Bergh.
Hat sich nach zwischenzeitlicher Schwächephase zurückgekämpft: Der Belgier Dimitri van den Bergh.Profimedia

Gegen den Phillipiner Lourence Ilagan geht van den Bergh in jedem Fall als Favorit ins Rennen, auch wenn Ilagan in der ersten Runde einen starken Auftritt gegen den favorisierten Österreicher Rowby-John Rodriguez hingelegt hat. Mit einer Doppelquote von zwischenzeitlich über 70% bewies Ilagan enorme Nervenstärke. Ein Attribut, dass er auch gegen den scheinbar übermächtigen Belgier benötigt.