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"Ein Kindheitstraum wird wahr" - WM-Debütant Gian van Veen im Interview

Dimitri van Tuijl/Henri Briese
Gian van Veen in Aktion während der Europameisterschaft in Dortmund
Gian van Veen in Aktion während der Europameisterschaft in DortmundPDC
Was einst als Traum eines 8-jährigen Jungen begann, ist Wirklichkeit geworden: Gian van Veen nimmt an der Darts-Weltmeisterschaft teil. Inzwischen ist das 21-jährige Talent aus der Dartwelt nicht mehr wegzudenken, aber damit hatten vor zwei Jahren weder er noch sein Vater gerechnet.

Es ist 9.00 Uhr morgens am Nikolaustag, als Gian van Veen die Türen von Cargo Nation in Hoofddorp, wenige Kilometer vom Flughafen Schiphol entfernt, öffnet. Er arbeitet in der Luftfracht, aber nicht mehr lange: "Ich werde tatsächlich aufhören. Ab dem 1. Januar werde ich mich ganz auf den Dartsport konzentrieren'', sagt van Veen. Er arbeitet dort noch nicht sehr lange, etwa ein Jahr. Nach seinem Praktikum blieb er dort, um zu arbeiten. Van Veen brauchte fünf Jahre, um sein HBO Aviation-Studium abzuschließen, das er in Amsterdam absolvierte. Einen großen Teil dieser Zeit hat er während der Pandemie verbracht, was auch bedeutete, dass er sein Zuhause nicht verlassen hat. Er wohnt bei seinen Eltern in Poederoijen, dazu später mehr.

Van Veen bei der Arbeit in Hoofddorp
Van Veen bei der Arbeit in HoofddorpDimitri van Tuijl

Darts kombiniert mit Arbeit

"Ich habe angefangen zu arbeiten, weil ich eine Struktur in meinem Leben haben wollte. Ich brauchte auch etwas anderes als Darts, und bis jetzt war das leicht zu kombinieren.'' Während Van Veen sich in seinen Computer einloggt und sich mit seinen Kollegen unterhält, spricht er über die arbeitsreiche Zeit, die er hinter sich hat. ''Ich habe angefangen, mehr Turniere zu spielen und mehr Spiele zu gewinnen. Und eigentlich habe ich mir nicht viel Ruhe gegönnt. Ich habe drei oder vier Tage gearbeitet, wenn ich den Freitag mitgerechnet habe."

"Dann bin ich von der Arbeit zum Flughafen Schiphol gefahren, um zu fliegen (hauptsächlich nach England) und bin am Montag früh zurück, um sofort wieder zu arbeiten.'' Van Veen gönnt sich mehr Ruhe, muss aber auch Zwangspausen einlegen. ''Da die Turniere ab 2024 an Wochentagen stattfinden, ist das einfach nicht mehr kombinierbar. Ich habe ein Studium absolviert, um für den Fall gewappnet zu sein, dass es mit dem Dartsport nicht klappt, aber ich denke, dass es jetzt an der Zeit ist, sich voll und ganz darauf zu konzentrieren.''

In der Zwischenzeit wurde Kaffee geholt, um den Tag zu beginnen und es wird über die bevorstehende Weltmeisterschaft gesprochen, wenn man danach gefragt wird. Was auch auffällt, ist eine Dartscheibe in der Mitte des Ladens. ''Manchmal spielen wir zwischendurch fünf Minuten lang Dart gegeneinander. Ich persönlich versuche immer noch, jeden Tag eine Stunde lang zu werfen. Es ist schön, dass sie mit meinem Dartleben hier einverstanden sind. Selbst als ich einen freien Tag brauchte, haben sie nach Möglichkeiten gesucht." Inzwischen gab es einen Mann, der eine Runde gegen Van Veen spielen wollte. Sie beginnen bei 301. ''Einmal habe ich hier schon ein Leg verloren, das passiert jetzt bestenfalls nicht'' scherz Van Veen, als er die ersten Darts auf das Board wirft. ''Ich muss erstmal warm werden. Das waren die ersten drei Darts des Tages.'' Doch am Ende schließt er gekonnt mit der Doppel 16 ab und wird von seinem Kollegen beglückwünscht.

Darts im Schlafzimmer

Gegen 10 Uhr geht der PC aus. Van Veen verabschiedet sich von seinen Kollegen und besucht kurz seine Schwester, die im selben Büro arbeitet. Er nimmt uns in sein Auto mit und so fahren wir am Morgen auf einer ruhigen Autobahn zurück zu seinem Haus in Poederoijen. Es ist etwa eine Stunde Fahrt. "Das Reisen hat mir nie wirklich etwas ausgemacht. Ich würde Brabant nicht verlassen wollen.'' Als wir am Haus ankommen, ist nur Van Veens Vater, John, im Haus. Wir gehen die Treppe hinauf, wo Van Veen sein Zimmer zeigt. Drei Dartscheiben, ein paar Preise auf dem Schrank, ein Bild von ihm mit seiner Freundin (die auch Dartspielerin ist) und ein Einzelbett. ''Hier trainiere ich.''

Nachdem der diensthabende Reporter, der übrigens nicht am World Cup teilnehmen wird, ein paar Darts geworfen hat, spricht Van Veen über sein diesjähriges Abenteuer. ''Es ist wahnsinnig schnell gegangen. Ich habe die Development Tour gewonnen und ein Jahr zuvor eine Tourkarte, mit der ich mich zwei Jahre lang mit den Profis messen konnte. Jetzt sind wir schon ein bisschen weiter und ich habe sogar schon ein Halbfinale bei einem Major gespielt.'' Bei der Europameisterschaft in Dortmund erreichte van Veen das Halbfinale, musste aber seine Überlegenheit gegenüber dem erfahrenen James Wade (11-9) anerkennen. ''Bei diesem Turnier hat jeder erfahren, wer Gian Van Veen ist.''

Van Veen gewann im Viertelfinale der Europameisterschaft gegen Van Gerwen
Van Veen gewann im Viertelfinale der Europameisterschaft gegen Van GerwenPDC

''Für mich ist er immer noch der Junge von 11/12 Jahren''

Der Durchbruch ist auch für Vater John ein wahr gewordener Traum. Inzwischen hat er eine Arbeitspause eingelegt und ist die Treppe hinaufgekommen: ''Auch für mich ist ein Traum wahr geworden. Es ist so wahnsinnig schnell gegangen und er darf jetzt sogar zur Weltmeisterschaft fahren. Ich habe immer noch das Gefühl, wenn er auf das Podium kommt, dass der kleine Junge von 11/12 Jahren dort läuft. Daran hat sich nichts geändert". Van Veen stimmt dem zu: "Ich bin immer noch derselbe kleine Junge, der ich vor zwei Jahren war, bevor ich mit den Profis konkurrierte.''

Als Van Veen 11 Jahre alt war, wurde er im Dartsport immer besser. Er fing, glaube ich, im Alter von acht Jahren an. "Ich hatte mir ein Dartboard gekauft, um mich zwischen all der Arbeit zu entspannen, und ich schaute auch gerne Dart. Van Barneveld in den 90ern, fantastisch. Und dann wollte er werfen, also haben wir das Board sehr niedrig aufgehängt und das Board wurde höher und höher, bis wir die richtige Entfernung hatten", sagt John.

Weltmeisterschaft 2011: Lewis-Anderson

''Angefangen hat es für mich mit dem Weltcup-Finale 2011 zwischen Adrian Lewis und Gary Anderson. Wir haben das auf RTL 7 gesehen, und von da an wusste ich, dass ich eines Tages auch auf dieser Bühne stehen wollte.'' Viele Jugendturniere und endlose Trainingsstunden später ist es nun so weit. Zwölf Jahre später geht der Kindheitstraum von Sohn Gian und eigentlich auch von Vater John in Erfüllung: Er fährt zur Weltmeisterschaft.

''Leider werde ich bei der ersten Runde nicht dabei sein. Ich muss noch arbeiten. Also muss er es in die zweite Runde schaffen, dann kann ich vielleicht dabei sein'', sagt John. Am Montag, den 18. Dezember, wird Van Veen zum ersten Mal im beeindruckenden Alexandra Palace spielen. Die derzeitige Nummer 45 der Welt tritt gegen Man Lok Leung aus Hongkong an. Sollte er dieses Match gewinnen, wartet Gabriel Clemens. Der Deutsche schaffte es im vergangenen Jahr noch bis ins Halbfinale. ''Wenn ich die ersten beiden Runden gewinne und nach Weihnachten zurückkomme, werde ich sehr stolz sein.''