Champions League-Preview: Zwei kriselnde Riesen? - Bayern fordert Paris Saint-Germain
Der FC Bayern bekommt es am Dienstagabend um 21 Uhr (live bei Flashscore im Audiostream mit Kommentator Stephan Gabele) mit dem Starensemble aus Paris zu tun. Bei beiden Vereinen, die zweifelsohne zur absoluten Weltspitze gehören, läuft es jedoch momentan nicht reibungslos, bei beiden ist Sand im Getriebe.
Die Bayern haben ihre Ergebniskrise zu Beginn des Jahres abgelegt. Zuletzt holten der deutsche Rekordmeister wettbewerbsübergreifend drei Siege in Folge, in jeder dieser drei Partien erzielten die Münchner mindestens drei Tore, so auch am Wochenende beim 3:0-Heimsieg über Bochum. Und dennoch, das einzige vollends überzeugende Spiel in diesem Kalenderjahr bleibt der 4:0-Auswärtssieg in Mainz im DFB-Pokalachtelfinale. Gegen den VfL Wolfsburg (4:2) zeigten sich die Bayern gnadenlos effizient und nutzten die sich bietenden (Halb)chancen, um früh das Spiel in ihre Richtung zu lenken. Am Ende standen je nach Statistikanbieter 0,5 bzw 0,6 expected Goals für die Bayern. Letztendlich erzielten sie aber vier Tore aus 9 Schüssen, vier Schüsse gingen überhaupt nur aufs Tor, alle waren jedoch drin. Brutale Effizienz eben, nichtsdestotrotz ist die Anzahl der Torabschlüsse gegen die Wölfe für das Bayernselbstverständnis unbefriedigend. Ebenfalls unbefriedigend aus Bayernsicht war die Anzahl an Torchancen, die der VfL gegen die Münchner bekam. Bemüht man hier wieder die expected Goals, so hätte Wolfsburg Torchancen für 2,5 Tore gehabt, 19 Schüsse flogen immerhin auch in Richtung des Bayerntores. So gesehen hätte Bayern sich auch nicht beschweren dürfen, wenn am Ende Wolfsburg mit einem 2:1-Sieg vom Platz gegangen wäre.
Und auch gegen Bochum wirkte das Ergebnis auf den ersten Blick doch zufriedenstellend. Trainer Julian Nagelsmann empfand das jedoch ein wenig anders, vermisste er doch die Geradlinigkeit nach "sehr guten sechs Minuten am Anfang." Im Anschluss sah der Trainer "bis zur 60. Minute sehr schlechte Minuten" der Bayern. Mittelfeldstratege Leon Goretzka pflichtete Nagelsmann bei: "Von der Art und Weise, wie wir gespielt haben, reicht das für Dienstag nicht. Da müssen wir schon eine Schippe drauflegen. Die Energie, die wir auf den Platz bringen wollten, haben wir nicht wirklich auf den Platz bekommen. Wir können aufgrund der jüngeren Vergangenheit einfach nicht mehr behaupten, dass wir bei den wichtigen Spielen von null auf hundert da sind." Lichtblicke im leicht getrübten Bayernalltag sind zuletzt Kingsley Coman und Thomas Müller, die ihre Torgefahr zuletzt vermehrt unter Beweis stellten und die gegnerischen Defensiven in Unruhe versetzten. Sowohl Müller als auch Coman kamen gegen Bochum auf "Kurzeinsätze" - 45 (Müller; wurde wegen eines leichten Zwickens in der Wade vorsichtshalber runtergenommen) bzw. 30 Minuten - und dürften gegen Paris fest für die Startelf eingeplant sein. Gerade für Coman wird es ein besonderes Spiel, viele Erinnerungen verbinden ihn mit Paris. Der flinke Franzose wurde in Paris geboren und der Jugend von Paris ausgebildet. Er spielte drei Jahre für die Hauptstädter, ehe ihn sein Weg über Turin nach München führte. Eine weitere Erinnerung Comans wird sicher sein Kopfballtor zum entscheidenden 1:0 gegen Paris im CL-Finale 2020 sein, auch wenn er den Moment nicht mit allen Sinnen wahrnahm, wie sich später herausstellen sollte. Coman, der alles andere als ein guter Kopfballspieler ist und es so gut es geht vermeidet, in Luftduelle zu gehen, schließt aus "Angst" vor dem Ball bei jedem Kopfball die Augen. So auch damals im Champions League-Finale gegen Paris.
Die Bayern qiält noch die Ungewissheit, wer bei den Parisern in der offensiven Dreierreihe auflaufen wird. Sowohl Kylian Mbappé als auch Lionel Messi sind fraglich für den Kracher, hatten doch beide auch die letzten Spiele in der Ligue1 verpasst. PSG hatte verkündet, dass es für beide nicht reichen könnte. Nagelsmann traut dem Braten jedoch nicht: Er würde seine Mannschaft darauf vorbereiten, dass beide Superstars spielen, da er "nicht wie ein Vollidiot dastehen" wolle, sollten die beiden doch auflaufen. Er tut wohl auch gut daran, denn sowohl Messi als auch Mbappé trainierten am Montag bei den Parisern mit
Aber auch wenn die beiden Offensivkünstler Messi und Mbappé nicht dabei sein sollten, Paris hat immer noch genug Qualität, um den Bayern wehzutun. Neben den beiden spielt vor allem Neymar eine herausragende Saison, in 5 CL-Spielen kommt er auf 5 Scorerpunkte, in 19 Ligue1-Spielen auf 10 Treffer und 12 Vorlagen. In seinen letzten vier Ligaeinsätzen ließ seine Tor- und Vorlagenflut jedoch deutlich nach, dem Brasilianer gelang "nur" noch ein Tor.
Insgesamt ist PSG nach der langen WM-Winterpause ebenso wie die Bayern den eigenen Ansprüchen entsprechend nicht allzu gut ins Kalenderjahr 2023 gestartet. In der Ligue1 ist die Bilanz nach sieben absolvierten Spielen im neuen Jahr ausgeglichen: Es stehen 3 Siege, 1 Remis und eben auch 3 Niederlagen zu Buche. Für das Selbstverständnis der Pariser ist das in jedem Fall zu wenig. Souveräner Tabellenführer in Frankreich ist man trotz der Niederlage gegen Monaco am Wochenende trotzdem. Beim 1:3 der Pariser hatte Christophe Galtier allerdings auch eine B-Elf aufgestellt.
Im Coupe de France sind die Pariser vor gut einer Woche allerdings auch ausgeschieden. Kapitän Marquinhos ärgerte sich mächtig und ließ nach dem Pokalaus seinem Frust vollen Lauf, als er erklärte: "Wir haben einiges vermissen lassen, jetzt ist es besser, die Klappe zu halten. Wir wissen, dass wir uns stark verbessern müssen, wenn wir in dieser Saison etwas erreichen wollen. Ein Titel, der weg ist, das tut weh. Wir sind angewidert."
Der Kapitän nutzte eine andere Wortwahl als Leon Goretzka und Julian Nagelsmann, im Grunde monierten beide Parteien aber deckungsgleiche Probleme. Zwei kriselnde Riesen eben.
Flashscore Prognose: Für die Bayern wird viel darauf ankommen, ob die beiden Superstars Messi und Mbappé bei Paris (über 90 Minuten) dabei sein können. Denn so viel ist klar und das hatte auch Julian Nagelsmann schon angesprochen: Mit den beiden Ausnahmekönnern hat PSG noch einmal eine andere offensive Qualität. Zusammen mit Neymar bilden der vollendete Messi und der pfeilschnelle Mbappé eine dauernde Gefahrenquelle. Sie besitzen eine Qualität, die von keiner Defensive der Welt über 90 Minuten gebremst werden kann. Einen Nachteil hätte es aber sogar für die Bayern, wenn Mbappe und Messi ausfallen würden. Beide fokussieren sich auf das Offensivspiel und machen für die Defensive und im Gegenpressing - genau wie Neymar - kaum Wege nach hinten. In Ballbesitz könnten die Bayern also quasi 10 gegen 7 spielen, sobald die Lücken zwischen Angriff und Mittelfeld bei PSG finden. Auch das mangelnde Defensivengagement der drei Superstürmer ist mit ein Grund dafür, dass PSg noch keinen Henkelpott geholt hat. Ziel für die Bayern wird es sein müssen, sich in eine gute Ausgangslage für das Rückspiel in der Allianz-Arena zu bringen. Dort könnte man dann die Weichen auf Viertelfinale stellen. So oder so, beide Mannschaften werden trotzdem auf Sieg spielen, wir sagen trotzdem, dass das Spiel 1:1 ausgeht.