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Alles neu für England-Coach Thomas Tuchel - Nagelsmann als Vorbild?

SID
Thomas Tuchel.
Thomas Tuchel.John Walton / PA Images / Profimedia
Als Nationalcoach in England betritt Thomas Tuchel unbekanntes Terrain. Gelingt ihm als bisherigem Vereinstrainer die Anpassung?

Musikalische Übungsstunden wird Thomas Tuchel wohl erstmal nicht einlegen. Er wolle sich "ein wenig Zeit nehmen" für die Entscheidung, ob er die englische Nationalhymne in seinem neuen Job mitsingen wolle, sagte Tuchel bei seiner Vorstellung als englischer Nationalcoach. Es wäre eine vergleichsweise dankbare Aufgabe. Denn als jemand, der bisher ausschließlich im Vereinsfußball tätig war, bekommt es Tuchel bald noch mit ganz anderen Herausforderungen zu tun.

Der Mann aus dem bayerisch-schwäbischen Krumbach soll nicht weniger als das Mutterland des Fußballs befrieden und die Three Lions zum so lange ersehnten Titelgewinnen führen. Doch Tuchel betritt völliges Neuland. Der 51-Jährige kennt und liebt die tagtägliche Arbeit mit seinen Spielern, ist ihr stets voller Energie und manchmal auch Verbissenheit nachgekommen: in Mainz, Dortmund, Paris, in London beim FC Chelsea, zuletzt in München. Kann so jemand auch Nationalmannschaft?

"Es ist sehr neu", das hat Tuchel schnell erkannt. "Der Rhythmus, die Verantwortung, die Rolle", all das sei sehr "aufregend." Aber: "Ich war sehr offen dafür." Seine neue Aufgabe mit vorherigen Jobs zu vergleichen, sei "schwer".

Davon kann auch Julian Nagelsmann ein Lied singen. Ihm ist die Transformation vom Vereins- zum Nationaltrainer nach Anlaufschwierigkeiten glänzend gelungen, das DFB-Präsidium wünscht sich schon bald die nächste Vertragsverlängerung.

Der 37-Jährige ist inzwischen ein Liebling der Fußballnation, weil er sich volksnah gibt und in der Öffentlichkeit kluge Dinge über die Gesellschaft sagt. Nagelsmann hat eine emotionale Bande mit seinem Team geschlossen und so seine vorübergehende Berufung gefunden.

Einer der besten Trainer der Welt

Kann Tuchel, der die Künste der empathischen Kommunikation nicht gerade erfunden hat, es Nagelsmann gleichmachen? Die Süddeutsche Zeitung schrieb, dass Tuchel sein bisweilen schwieriger Charakter nicht im Weg stehen müsse. Weil er seine Spieler nur alle paar Wochen und Monate sehen werde, könne er sie zumindest nicht täglich überfordern. Und dem Verband könne ein wenig Hau-drauf-Attitüde seines kritischen und meinungsstarken Trainers ohnehin nicht schaden.

Beim nationalen Fußballverband FA ist man sich laut Präsident Mark Bullingham sicher, "einen der besten Trainer der Welt" verpflichtet zu haben. Und so einer muss schließlich auch mit Nationalmannschaften umgehen können.

Zupass dürfte Tuchel kommen, dass er sich als Nationalcoach seine Spieler selbst aussuchen kann. Während seiner Zeit bei Bayern München, die im Sommer mit einer Saison ohne Titel geendet hatte, hielt der mit dem Kader unzufriedene Tuchel seine Wunschliste an Neuzugängen regelmäßig den Bossen unter die Nase. Oft vergebens. Jetzt hat Tuchel seine ersehnte Holding Six! Declan Rice vom FC Arsenal muss er nur anrufen und einladen.

Das ist gut für Tuchel. Denn er will ja Weltmeister werden. 2026, mit England.